Akteur

Sir Peter Cook
CRABstudio - London (GB)

„Ich bin ja auch oft paranoid“

Sir Peter Cook ist einer der großen Architektur-Theoretiker. Verwirklicht hat er nur wenig. Mit Wojciech Czaja sprach er über die Zukunft des Bauens. Heute trägt er in Wien vor.

27. April 2009 - Wojciech Czaja
Standard: Sie haben den Wettbewerb für die neue WU Wien gewonnen. Was ist das Reizvolle an diesem Projekt?

Cook: Mein Vortrag heute heißt Scene from the Prater: hard or soft? und sagt viel über den neuen WU-Campus aus: Studenten werden in einem Graubereich zwischen Privatheit und Öffentlichkeit arbeiten. Ich glaube, dass diese Mischung aus Unterricht, selbstständigem Arbeiten im Randstein und Freizeitgestaltung gut funktionieren wird.

Standard: Welche Chance bedeutet die neue Wirtschaftsuniversität für Wien?

Cook: Mit Graz und Innsbruck ist Österreich sehr innovativ in Sachen Architektur. Leider gehörte Wien bisher nicht zu den interessantesten Architekturzentren. Das könnte sich nun ändern.

Standard: Nach dem Kunsthaus Graz ist das Institutsgebäude auf dem WU-Campus Ihr zweites Projekt in Österreich. Ein guter Schnitt angesichts der Tatsache, dass Sie bisher wenig gebaut haben.

Cook: Ich mag dieses Land. Ich kenne die Szene; und ich habe hier schon unterrichtet. Deswegen nehme ich an Wettbewerben in Österreich gerne teil. Und ich liebe die grundlegende Paranoia der Österreicher.

Standard: Welche denn?

Cook: Das hat wohl mit den vielen Tälern zu tun. Jeder Eingriff wird skeptisch beobachtet. Das ist einerseits eine unglaubliche Verfolgungsangst, zeugt aber andererseits von großer Identität. Ich finde das sympathisch.

Standard: Den Kunsthaus-Graz-Wettbewerb gewannen Sie mit einem Konzept, das weder auf damaligem noch auf heutigem Technikstand realisierbar wäre.

Cook: Das Haus war plan-, bau- und finanzierbar. Aber ich gebe zu, dass ich mich damals auf die neuesten technologischen Entwicklungen aus Japan gestützt habe. Die machen ziemlich gewiefte Dinge! Hätte man das Kunsthaus Graz in all seinen Potenzialen ernstgenommen, wäre die Realisierung des ersten Entwurfs durchaus möglich gewesen. Es gehört zur österreichischen Paranoia, dass es nicht so gebaut wie geplant wurde. Aber ich nehme das niemandem übel.

Standard: Geht da das Bauen nicht am Kern der Sache vorbei?

Cook: Keineswegs. Experiment und Pragmatismus müssen einander die Waage halten. Wenn eines davon fehlt, hat die Architektur versagt.

Standard: Stehen Sie noch hinter dem Kunsthaus Graz?

Cook: Abgesehen von der Tatsache, dass mein Kollege Colin Fournier und ich von allen anderen gemobbt wurden, stehe ich voll hinter diesem Projekt. Es ist zu 95 Prozent in Ordnung.

Standard: Sie unterrichten an der Bartlett School of Architecture, London. Was bringen Sie Ihren Studenten bei?

Cook: Entdeckt die wunderbare Kultur des Bauens! Ich will niemandem meine persönliche Meinung überstülpen und bin kein Freund von streng vorgegebenen Lernzielen. Ich bemühe mich, aus jedem Einzelnen etwas Besonderes und Einzigartiges hervorzukitzeln. Und ich erwarte von meinen Studenten, dass sie Grips entwickeln, Power haben und bereit sind, ihre Sache konsequent durchzuziehen.

Standard: Wie konsequent werden Sie das Campus-Projekt durchziehen?

Cook: Sehr konsequent.

Standard: Keine Angst vor der österreichischen Paranoia?

Cook: Doch, aber das ist der große Sympathiefaktor daran. Ich selbst bin ja auch oft paranoid. Der WU-Campus wird für uns alle eine gute Gelegenheit sein, einander die Ängste zu nehmen.

[ „Scene from the Prater: hard or soft?“ Vortrag ab 18.30. Odeon, 1020, Taborstraße 10 ]

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