Akteur

Markus Pernthaler
Graz (A)

Der Jongleur der wissenschaftlichen Variablen

Der Grazer Architekt Markus Pernthaler plant Häuser mit einem starken Fokus auf Ressourceneinsparung und Energieautarkie. Zu seinen liebsten Projekten zählen Krankenhäuser, Kraftwerke und sich nahezu selbst versorgende Wohnquartiere. Hauptsache kompliziert.

5. Oktober 2013 - Wojciech Czaja
Architekturmagazine wird man in seinem Büro vergeblich suchen. Stattdessen stapeln sich am Schreibtisch Science und Nature. „Architektur ohne Fokus auf energetische und materielle Ressourcen interessiert mich nicht“, sagt Markus Pernthaler. Der 55-jährige Grazer Architekt hat es auf die Verschmelzung von Gestaltung und Technik abgesehen. Eines seiner bekanntesten Projekte ist das Wohn- und Bürohaus „Rondo“ am Grazer Marienplatz. Das Gebäude ist an ein Kleinkraftwerk angeschlossen, für das nötige Klima im Stiegenhaus sorgt ein Kiesgarten mit sorgfältig ausgesuchten mediterranen und japanischen Pflanzen, und statt einer herkömmlichen Tiefgarage unterm Haus gibt es eine vollautomatisierte Stapelanlage mit 200 Regalplätzen, die zwar mehr Strom benötigt, dafür aber errechneterweise pro Jahr bis zu 100.000 Kilometer Tiefgaragenstellplatzsuchkilometer einspart.

„Architektur ist eine komplexe Materie mit vielen Variablen“, so Pernthaler. „Wenn man als Dirigent in diesem Beruf nicht auch ein Mindestinteresse für Technik und Physik aufbringt, dann ist man bald einmal aufgeschmissen, denn der Job wird aufgrund der rasanten technischen Entwicklung immer anspruchsvoller.“ Erst vor wenigen Monaten wurde eines seiner Projekte für genau diese interdisziplinäre Planungsqualität mit dem Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit ausgezeichnet: Das Messequartier Graz ist ein Passivhaus mit 149 Wohnungen, betreutem Wohnheim, 94 Studentenheimplätzen und 750 Quadratmeter Solarthermiekollektoren auf dem Dach. Im Herbst startet die nächste Bauphase mit weiteren hundert Wohnungen. Dann wird es auch eine interne Ladestation für Elektro- und Hybridfahrzeuge geben sowie eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach, die den dafür notwendigen Strom produziert.

Bei kaum einer anderen Bauaufgabe jedoch ist das energetische Einsparpotenzial größer als bei einem Spital. „Ein Krankenhaus ist eine enorme Maschine, die viel Kälte, viel Wärme und vor allem viel Strom frisst“, sagt Pernthaler. „Wenn man hier umdenkt und auf Smart Grids und intelligentes Ressourcenmanagement setzt, kann man in der Ökobilanz viel verändern.“ Zu den bisher realisierten Projekten zählen die Salzburger Chirurgie West, eine Gynäkologiestation in Graz sowie das Kinderzentrum im LKH Salzburg. Das nächste Mammutprojekt ist die Sanierung und Erweiterung des LKH Graz, Fertigstellung 2022.

Auch in Wien ist Pernthaler tätig. Am Rande des Arsenalgeländes, direkt neben der Auffahrt auf die Südosttangente, entsteht ein schnittiger Rohbau, der sich Ende 2014 als Fernwärmekraftwerk entpuppen wird. Selbstredend, dass auch hier nicht nur mit Öl und Gas Energie erzeugt werden wird: Die gesamte Fassade des Gebäudes soll mit Fotovoltaikzellen verkleidet werden. „Variablen gibt es viele“, sagt Pernthaler, „aber die wichtigste Konstante für die kommenden Jahrzehnte lautet: maximal mögliche Energieautarkie.“

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Markus Pernthaler © Markus Pernthaler