Akteur

Otto Kapfinger
Wien (A)

Großstadtkulturflaneur

Ein Buch präsentiert Otto Kapfinger als Redner über Architektur. Er ist dabei erholsam unakademisch.

26. Juni 1999 - Ute Woltron
Otto Kapfinger lebt in Wien und ist vor allem Architekturpublizist, Ausstellungskurator und Mitglied diverser mit Architektur befaßter Gremien. Gelegentlich hält er aber auch Reden und Ansprachen zu gewissen Anlässen, Jubiläen oder Belobigungen von Architekten. Diese verbalen und somit flüchtigen Architekturkritiken wurden nun vom Architektur Zentrum Wien gesammelt und in gebündelter Form auf den Markt gebracht: Das sehr sorgfältig gestaltete Buch „Otto Kapfinger. ausgesprochen. Reden zur Architektur“ ist gerade im Verlag Anton Pustet erschienen und um 290,- Schilling zu haben.

Kapfinger gilt als einer der ersten, die in der Nachfolge Friedrich Achleitners vernünftig und fundiert über Architektur schrieben, und er ist sich der Schwierigkeit der Architekturvermittlung wohl bewußt. So eine Art „Transmissionsriemen“ sei der Architekturkritiker im besten Fall, also einer, der zwischen Architekten, Bauherren und interessierten Laien vermitteln könne.

Um das zu bewerkstelligen, um die Kraft ordentlich zu übertragen, den Funken überspringen zu lassen, bedürfe es einer Sprache fern jeglichen Fachjargons. Und Kapfinger beherrscht die Kunst des einfachen Erklärens gut. Seine Texte - und die hier publizierten Ansprachen - sind zwar beileibe nicht einfach, aber durchwegs wohltuend unakademisch und auch dem Nicht-Fachmann verständlich. Abgehandelt werden etwa Leben und Werk der Zeitgenossen Günther Domenig, Hermann Czech, Wilhelm Holzbauer, Johann Georg Gsteu und der beiden großen alten Damen der österreichischen Architektur, Anna Lülja Praun und Margarete Schütte-Lihotzky.

„Wer war der bessere Architekturkritiker?“ fragt Kapfinger im Zuge des Kapitels „Im Sprachraum - Schreiben über Architektur“, „Siegfried Giedion oder Jacques Tati?“ Und wer wäre der „ideale Schreiber über Architektur?“ „Einer/eine, der/die wohl das ganze Metier gelernt hätte, das Fachidiotentum aber über Bord geworfen, zumindest ins Unbewußte verdrängt hätte und erst von dieser ,tabula rasa' aus wirklich frei wäre, über eine immer wieder nur fachimmanente Sicht hinauszukommen und aus architekturfremden Erfahrungsbereichen ganz andere Fragen, ganz andere Forderungen an die Architektur zu stellen?“

Jacques Tati durchmißt im Film „Playtime“, zu deutsch „Herrliche Zeiten“, jedenfalls die modernen französischen Stahl-Glas-Architekturen wie einer, der über, unter und durch Rohe-Eier-Galerien tappt. Sehr zerbrechlich, sehr gefährlich wirkt die Angelegenheit. „Jedes Ding, jede Architektur ist ein Kriminalroman“, sagt Kapfinger. Aber lesen Sie doch selbst!

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