Akteur

Terry Pawson
London (GB)

Vom verstoßenen Architekten zum Opernvater

Der Name des Londoner Architekten nach vier Jahren geschäftlicher Funkstille als Feigenblatt vor die nunmehrige Steinfassade des Linzer Mammutprojekts gehängt

11. April 2013 - Wojciech Czaja
In Österreich war der hagere Brite mit graumelierter Igelfrisur bisher völlig unbekannt. Das hat sich nun geändert. Heute, am Tag der offiziellen Eröffnung der neuen Linzer Oper, ist der Londoner Architekt ein „big name“. Die oberösterreichische Landespolitik schmückt sich mit seiner Internationalität und reicht ihn als den großen „Vater des Musiktheaters“ herum. Dabei ist die Vergangenheit eine ganz andere.

2006 gewann Pawson, der bisher eine Pfarre in Wimbledon, ein zeitgenössisches Museum im irischen Carlow sowie ei ne Handvoll Wohn- und Bürohäuser gebaut hat, den internationalen Wettbewerb für den Bau des neuen Musiktheaters in der Blumau. Von einem „Wohnzimmer für Linz“ war die Rede. Von der „Kernidee, Volksgarten und Haus miteinander zu verbinden“. Doch den Linzer Stadtvätern, die seit Jahren alles Erdenkliche daran setzen, sich vom verrosteten Voest-Image ihrer Stadt zu lösen, gefiel Pawsons Idee einer voroxidierten Stahlfassade so wenig, dass das Londoner Architekturbüro plötzlich zu weit weg und die Planungsressourcen (17 Mitarbeiter, immerhin) zu gering schienen. 2008 kam die Trennung.

Heute sind sie wieder Freunde, der Josef Pühringer und der Pawson. Obwohl die beiden österreichischen Architekturbüros Architektur-Consult und Archinauten das Projekt im noch groben Einreichstadium übernahmen und mit technischer Perfektion bis zur letzten Vorhangfalte umsetzten, wird der Name Pawson nach vier Jahren geschäftlicher Funkstille als Feigenblatt vor die nunmehrige Steinfassade des Linzer Mammutprojekts gehängt. Über die tatsächlich ausführenden Architekten spricht niemand. Die Vorgehensweise ist Beispiel etablierter Unsitte in diesem Land.

„Das ist ein schwieriges Thema“, sagt Thomas Königstorfer, kaufmännischer Vorstandsdirektor des Linzer Musiktheaters. „Terry Pawson ist definitiv der geistige Urheber dieses Projekts. Die anderen beiden Büros haben seine Pläne nach seinen Vorstellungen bestmöglich umgesetzt.“ Und was sagt Pawson selbst, der in den Achtzigerjahren zwei Jahre in Italien lebte und sich damals um den Wiederaufbau nach dem großen Irpinia-Erdbeben (Kampanien) 1980 kümmerte, zu dieser Causa? „Es ist ziemlich so geworden, wie ich es mir vorgestellt habe“, so der Architekt. „Das Team hat gute Arbeit geleistet. Das Haus ist riesig und sehr komplex. Das zu managen ist schon eine Leistung.“ Immerhin einer, der den Anstand besitzt, große Namen nicht gleich mit großen Leistungen gleichzusetzen.

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