Akteur

Denis Košutić
Wien (A)

Schwarze Spitze und Zuckerguss

Das schrille Boarding House aus der Feder von Architekt Denis Kosutic ist der Beweis dafür, dass Wohnen auf Zeit sexy sein kann - und sein muss.

31. Januar 2009 - Wojciech Czaja
Was passiert, wenn Marie Antoinette mit der Achtzigerjahre-Popikone Doris D zusammenprallt? „Die Frage ist sicher nicht alltäglich, aber genau das macht sie ja so spannend“, sagt Denis Kosutiæ. Das Planungskonzept, das der Mietwohnung für das Wiener Immobilienbüro Dr. Jelitzka+Partner zugrundeliegt, ist gelüftet. Schriller Pop trifft auf üppige Historie. „Nein, das ist kein Wohnkonzept auf Dauer“, erklärt der Architekt, „aber um ein Boarding House oder eine Wohnung für eine kurze Mietdauer attraktiv zu machen, muss man sich schon etwas Außergewöhnliches einfallen lassen.“

Die bestehende Altbauwohnung mit Blick auf die Rossauer Kaserne wurde komplett entkernt und saniert. Der Innenausbau wurde minutiös geplant, die Auswahl der Möbel perfekt aufeinander abgestimmt. Kein auch noch so kleines Detail blieb dem Zufall überlassen. „Ziel war es, den verweilenden Gast in eine Kulisse aus Sein und Schein zu entführen“, sagt Kosutiæ, „ich wollte eine sexy Wohnung schaffen, die Lust darauf macht, sich darin aufzuhalten.“

Sämtliche Einbaumöbel sind aus amerikanischer Nuss. Aufblitzende Nischen in Hellblau, Pastellgrün und zartem Rosa setzen farbige Akzente. „Weiße Wände wären in diesem Zusammenhang fehl am Platz gewesen, da muss man schon konsequent sein“, sagt der Architekt, der prompt zu rosafarbener Dispersion und zu weißem Stuck griff. Entgegen allen Befürchtungen denkt man weder an einen Punschkrapfen, noch an Barbies Puppenhaus. Beinahe könnte man die Wandgestaltung als gediegen bezeichnen.

Ungewöhnlich ist die Wahl der frei stehenden Möbel. Im Vorzimmer befindet sich ein halb verbrannter und anschließend in Epoxydharz getränkter Stuhl, darüber hängt ein ebenso bearbeiteter Luster. Dem Kronleuchter, ein Exponat aus der Serie „Smoke“ des niederländischen Designers Marten Baas, fehlen bereits zwei Kerzenarme. Sie sind dem Feuer zum Opfer gefallen.

Verfremdung ist auch das Motto des Wohn- und Schlafraumes. Die barock anmutenden Esstisch-Stühle stellen sich als Kunststoffentwürfe von Philippe Starck heraus, die weiße Stehleuchte neben dem Bett als gigantisch aufgeblasener Historienverschnitt, und die beiden weißen Nachtkästchen links und rechts von der Schlafstätte als artige Häkeldeckchen, die mittels Kunstharz zu fragilen Würfeln erstarrt sind.

Teure Möbel, teure Miete

Billig ist die Einrichtung nicht. Moooi, Kartell und Living Divani rangieren im oberen Segment der Möbelbranche, und so stellt sich unweigerlich die Frage nach dem Preis. „So viel kann ich verraten: Die Möblierung der Boarding- House-Wohnung macht rund das Doppelte der Sanierungskosten aus“, erklärt Daniel Jelitzka, Geschäftsführer des gleichnamigen Immobilienunternehmens. Spätestens in sieben oder acht Jahren, so rechnet er vor, werde sich die Investition amortisiert haben. Dafür sorge die hohe Auslastung.

„Die Wohnung kommt bei unseren Kunden gut an“, so Jelitzka, „in erster Linie sind das Geschäftsreisende, Manager oder Leute, die in Wien ein Sabbatical machen oder einfach nur eine Zeitlang in dieser Stadt leben möchten.“ Zwar kostet die 80 Quadratmeter große Wohnung das Vielfache einer herkömmlichen Mietwohnung, aber dafür habe der Gast voll möblierte Räume in unverwechselbarer Atmosphäre - Service und Reinigung inklusive.

Und die schwarzen Vorhänge? Ein schelmisches Grinsen. „Das ist französische Spitze vom Feinsten“, sagt Kosutiæ, „mit dem einzigen Unterschied, dass der Stoff nicht zu schmalen Tangas geschnitten, sondern in einem Stück vors Fenster gehängt wurde.“ Ein ungewöhnliches Einsatzgebiet. „Die Damen bei Komolka waren etwas erstaunt. Noch nie zuvor haben sie so viel Reizwäsche auf einmal über den Tresen gehen lassen.“

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Denis Košutić, Foto: Lea Titz