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Behaglichkeit aus Beton
Der Standard

Einige Meter weiter steht ein Haus von Plischke. Die beiden Architekten Luger & Maul schufen ihm einen stillen Nachbarn, der sich in den Hang duckt. Edel und rau zugleich - aus Sichtbeton

23. März 2008 - Wojciech Czaja
Oben auf der Hügelkuppe thront ein weißes Holzhaus, eine Ikone der Moderne. Architekt Ernst Anton Plischke hatte es 1934 für den Maler Walther Gamerith gebaut. Im Jahre 1968 wechselte das Baujuwel den Besitzer und gehört seitdem einem begeisterten Kunstsammlerehepaar aus Linz. „Uns hat das Haus auf Anhieb gefallen“, sagen sie, „aber wir waren ahnungslos, wir hatten keine Ahnung, dass das ein Plischke-Bau war.“

Das einzige Manko: Die weiße Ikone war ein Sommerhaus, an eine ganzjährige Nutzung war nicht zu denken. Vor einigen Jahren hatten Herr F. und seine Frau endgültig die Nase voll. Keinen Tag länger wollten sie in dicken Pullovern im Haus sitzen und jeden Winter aufs Neue darauf angewiesen sein, das Haus winterdicht zu machen und zurück in die Stadt zu ziehen - nicht einmal, wenn's vom Plischke ist.

Man wandte sich an das Welser Büro Luger & Maul und bat die beiden Architekten um einen Entwurf für einen ganzjahrestauglichen Hauptwohnsitz am gleichen Grund. Einige Meter tiefer platzierten diese einen flachen Betonbau, der zum Teil im Hang verschwindet. „Das Wichtigste war, die Aussicht und die Wirkung des weißen Hauses hoch oben auf der Hügelkuppe nicht zu stören“, sagt Maximilian Luger, „mit dem Resultat sind wir sehr zufrieden. Fast scheint es, als würden die beiden Häuser miteinander sprechen.“

In einem viertelkreisförmigen Bogen ragt der Neubau wie ein Tortenstück aus der Böschung, schwebt leicht über dem Abgrund, öffnet sich mit der Breitseite zum See. Die rundumlaufende Terrasse dient im Sommer nicht nur als verlängertes Wohnzimmer, sondern auch als Aussichtsplattform für die weißen Segelboote am Wasser. Schönes Detail für den Architekturliebhaber: Die Holzbohlen auf der Terrasse sind nicht irgendwie gelegt, sondern folgen der radialen Geometrie des Hauses. Jedes einzelne Holzbrett ist konisch zugeschnitten. Die Architekten: „Für manche sind das nur unwichtige Spielereien. Aber es sind diese kleinen Details, die die Qualität eines Hauses ausmachen.“

Betonskepsis verflogen

Aus versteckten Fugen im Vordach dringt indirektes Licht nach außen und verflüchtigt sich auf der rauen Betonoberfläche, auf der noch die Holzmaserung der Schalungsbretter zu erkennen ist. „Ich muss gestehen, mit dem Beton hatten wir unsere anfänglichen Schwierigkeiten“, gesteht Herr F., „doch irgendwann einmal ist die Skepsis verflogen. Heute sind wir froh, dass es so ist wie es ist.“

Es öffnet sich die Haustür. Während man sich der Schuhe und Kleider entledigt, drängt sich frech die Außenwand in den Raum. Durch die Glasdecke kann man hoch in die Wolken blicken - eine Art Entwöhnung vom Freien und Vorbereitung auf die warme Behaglichkeit. Das Wohnzimmer ist der gemütliche Mittelpunkt des Hauses. Hier legt man die Beine auf die Couch und schmökert in Büchern. Wie ein Fächer entfalten sich von diesem zentralen Wohnbereich die restlichen Zimmer.

Der konzentrisch gelegte Boden - mal in Eiche und mal in dunklem Stein - betont die Anordnung der Räume. Zwischen Kunstwerken hindurch huscht man in die Schlafzimmer, von wo es weiter ins Bad und in die Garderobe geht. Lieblingsort bleibt das Esszimmer mit Blick auf den See. Von der betonierten Rohheit des Hauses ist hier drin nichts zu spüren. Ganz im Gegenteil: Fast in der Manier der klassischen Moderne haben Luger & Maul Hand angelegt, haben Proportionen abgewogen und den Sinn fürs Schöne zelebriert.

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