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Höher hinauf zu den Wolken
Der Standard

Der Wiener Architekt Wolf D. Prix, Planer des neuen Wahrzeichens der Europäischen Zentralbank in Frankfurt, erhielt den Hessischen Kulturpreis 2013. Das Viertel rund um den EZB-Tower, als „neue Ikone“ beworben, wird jedoch zum Hochsicherheitsareal.

5. November 2013 - Wojciech Czaja
Staub und Lärm und pfeifender Novemberwind: Im 42. Stock, mit direktem Blick auf das Frankfurter Finanzviertel, wird eifrig gearbeitet. Da, wo später einmal der Vorstandskonferenzsaal der Europäischen Zentralbank sein wird, konnte DER STANDARD im Rahmen einer Baustellenführung einen Blick hinter die fast schon gänzlich geschlossenen Fassaden des neuen EZB-Towers werfen. Der Rohbau ist abgeschlossen, im Dezember sollen die Kräne und Bauaufzüge abmontiert werden, die Fertigstellung des 1,2 Milliarden Euro teuren Doppelturms der Europäischen Zentralbank ist für Ende 2014 angepeilt.

Grund genug zum Feiern dachte sich das Land Hessen: Am vergangenen Freitag überreichte man dem Wiener Architekten Wolf Prix, Chefarchitekt von Coop Himmelb(l)au, in Frankfurt den Hessischen Kulturpreis 2013. Prix, Sieger eines internationalen Wettbewerbs, arbeitet seit nunmehr zehn Jahren an diesem mit Abstand höchsten Gebäude seiner Karriere. Und schon jetzt wird das neue EZB-Headquarter, das auf dem Areal der historischen, denkmalgeschützten Großmarkthalle entsteht, als „Frankfurts neue Ikone“ und „Symbol einer polyzentrischen Stadt“ beworben.

„Prix hat es verstanden, die Werte der EZB in diesem Entwurf widerzuspiegeln und in seine spezifische architektonische Sprache umzusetzen“, erklärte EZB-Generaldirektor-Stellvertreter Werner Studener. Eine Vision habe Gestalt angenommen. Und der kalifornische Architekt Thom Mayne würdigte in seiner Laudatio die dynamische, innovative und stets Grenzen durchbrechende Architektur des Wiener Büros. „Man muss wissen: Wolf Prix hasst Schwerkraft, und er liebt Wolken.“ An diesem Projekt manifestiere sich das besser als je zuvor.

Ob der 185 Meter hohe EZB-Tower mit seinen gekrümmten Glasfassaden eines Tages wirklich als Ikone wahrgenommen werden wird, sei dahingestellt. Spätestens mit Fertigstellung wird sich das gesamte Gelände rund um die Großmarkthalle in ein Hochsicherheitsareal für 1500 Mitarbeiter verwandeln, in dem die Zukunft der europäischen Wirtschaft unter Ausschuss der Öffentlichkeit entschieden wird. Für Ikonentum bleibt da kein Platz.

Projekt in Ostchina

Sehr wohl öffentlich ist hingegen das Internationale Konferenzzentrum in der ostchinesischen Hafenmetropole Dalian, das nach Plänen von Coop Himmelb(l)au letztes Jahr fertiggestellt wurde. Auf einer Gesamtfläche von 100.000 Quadratmetern vereint es Opernhaus, Theater, Museum, Ausstellungszentrum, diverse Konferenzsäle und eine 45 Meter hohe Eingangshalle, die so groß ist wie vier Fußballfelder zusammen. Die Wiener Galerie Ulysses widmet diesem Projekt derzeit eine Präsentation mit großflächigen Bildern, Film und Modell.

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