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Ohne Keller, dafür aber mit Schlamm und Eigenbau
Der Standard

Ein Einfamilienhaus in Hanglage ist üblicherweise ein teures Unterfangen. In Vorderweißenbach im Mühlviertel jedoch schufen die hpsa Architekten einen schwebenden Bungalow, der billiger ist als ein Haus auf ebener Wiese.

29. März 2014 - Wojciech Czaja
Wie ein schwarzes, überdimensionales Hufeisen ragt das Haus über die Hangkante. Wer den Weg zwischen den tanzenden Säulen hindurch und treppaufwärts nach oben findet, landet auf einer 22 Quadratmeter großen Terrasse und wird mit einem fantastischen Ausblick auf das obere Mühlviertel und das südlichste Zipfel der Tschechischen Republik belohnt. „Die Aussicht in die Landschaft ist eines der tollsten Dinge am ganzen Haus“, sagt Gregor Sonnberger. Gemeinsam mit seiner Frau Edith, beide ihres Zeichens AHS-Lehrer, und einer knapp zweijährigen Tochter zog er im Oktober letzten Jahres hier ein. Dass die vorerst noch dreiköpfige Familie vom Erdboden enthoben wohnt, ist weder Zufall noch Spleen, sondern in erster Linie Konsequenz einer wirtschaftlich getriebenen Entscheidung.

„In den meisten Fällen ist Bauen in Hanglage aufgrund von Baugrubensicherung und Hangwasser teurer als auf einem Grundstück in der grünen Ebene“, erklärt Dietmar Hammerschmid vom Grazer Büro Hammerschmid Pachl Seebacher Architekten (hpsa). „Doch in diesem Fall ist es uns gelungen, das Haus sogar billiger als auf der grünen Wiese zu bauen.“ Grund dafür sind der Verzicht auf einen Keller sowie die Reduktion der erdberührenden, meist aufwändig zu isolierenden Bauteile. Auf diese Weise ist es gelungen, die Fundierung um 20 Prozent billiger auszuführen.

Statt auf einem schweren Sockel aufzusitzen, tanzt die Wohnskulptur nun auf 19 verzinkten Säulen aus Stahl. Die windschiefe Lage zueinander soll laut Architekt „nicht nur einen Wald suggerieren“, sondern sorgt auch für die nötige Aussteifung gegen Windkräfte. „Wir waren sehr überrascht über diesen Vorschlag“, erinnert sich Bauherr Sonnberger, „doch eigentlich hat uns der Entwurf auf Anhieb gut gefallen.“ Nicht zuletzt sei aufgrund der geringen Beanspruchung des Grundstücks viel Garten übriggeblieben. Noch fehlt das Grün, doch schon bald, so Sonnberger, werde man unterm schwebenden Bungalow Spielgeräte für die Tochter aufstellen.

Insgesamt wurde das Haus in nur fünf Monaten Bauzeit fertiggestellt. Zu verdanken ist dies der Holzriegelbauweise, die eine Vorfertigung im Werk und eine rasche Montage vor Ort ermöglicht hat. „Ein großer Wunsch der Bauherren war, sich am Innenausbau zu beteiligen“, sagt Hammerschmid. „Also haben wir die Details so geplant, dass man sie auch ohne viel Know-how, sondern einfach nur mit Engagement ausführen kann.“ Selbst Hand angelegt haben die Sonnbergers bei den nichttragenden Zwischenwänden sowie bei der Fassade aus sägerauer Fichte.

„Wir haben uns ein Haus gewünscht, das nicht nach einigen Monaten verblasst oder vergraut“, erzählen Gregor und Edith Sonnberger. In Schweden wurde man schließlich fündig - mit dem sogenannten „Falu Rödfärg“. Die dunkelrote Schlammfarbe, ein Nebenprodukt der Kupfergewinnung, ist üblicherweise an schwedischen Holzfassaden zu finden. Hier wurde sie mit schwarzen Pigmenten versetzt und wird nun mindestens 15 Jahre lang bis zum nächsten Selbstmaltermin ausharren.

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