Award

ZV-Bauherrenpreis 2008
Bauherrenpreis - ZV der ArchitektInnen Österreichs - Dornbirn (A)

Nicht ohne meinen Bauherrn

Was wäre die Architektur ohne ihre Auftraggeber? Sie würde nicht existieren. Als Dank dafür, dass sie es doch tut, gibt's den Bauherrenpreis.

15. November 2008 - Wojciech Czaja
Am Nachmittag setzen sie sich ins Café, reißen die Alufolie auf und beißen in ihr Butterbrot. „Eine klar definierte Jausenzeit gibt es bei uns nicht“, sagt Peter Perlot, Leiter des Kaysergarten-Horts in Innsbruck. „Unsere Kids sind autonom und können völlig frei entscheiden, wann und mit wem sie essen.“ Wenn der Appetit sie packt, dann ziehen sie sich zurück ins eigens eingerichtete Kindercafé. Selbstredend, dass es auch eine kleine Bar gibt, einen Kühlschrank und eine Vitrine für Kekse und Kuchen.

Das Kindercafé war ein Wunsch des Bauherrn. Und der Swimmingpool im Garten ebenso. Am gestrigen Freitagabend wurde der überaus innovative Hort und Kindergarten der IIG Innsbrucker Immobilien GmbH & Co KEG mit dem Österreichischen Bauherrenpreis ausgezeichnet. Einmal jährlich trommelt die Zentralvereinigung der Architekten Österreichs (ZV) sämtliche Projektbeteiligte zusammen und ehrt all jene, ohne die eine solche feine und zum Schmunzeln erregende Architektur gar nicht erst möglich wäre - die visionären und stets auf Qualität bedachten Auftraggeber. Acht an der Zahl sind es heuer.

„Die Zusammenarbeit mit Architekt Johannes Wiesflecker war großartig“, erzählt der Kindergarten-Boss, „das Resultat ist dementsprechend hochwertig. Hier zu arbeiten ist ein Hammer und ein Privileg. Und deshalb freuen wir uns über die Auszeichnung.“ Asphalt am Boden und Beton an der Wand: Den Kids gefällt's. „Die Kinder haben keine Scheu vor dieser Ästhetik. Ganz im Gegenteil, sie haben unzählige Möglichkeiten der Gestaltung“, so Perlot.

„Der Bauherrenpreis bedeutet mir sehr viel, und ich bin sehr stolz“, erklärt auch Lydia Zettler, die in Hohenems den Freihof Sulz betreibt. Wie schon in den letzten zweihundert Jahren ist der Freihof ein Treffpunkt für die Dorfgemeinschaft. Es beinhaltet ein Kulturzentrum, ein Wirtshaus sowie ein Geschäft mit Bioprodukten aus der Gegend. „Das Konzept ist bewährt und es funktioniert.“

Mithilfe von Architektin Beate Nadler-Kopf wurde der alte Hof behutsam saniert. Dass die heruntergekommene Baracke überhaupt noch gerettet werden konnte, sei nicht zuletzt der „Hartnäckigkeit und Ausdauer der Bauherrin“ zu verdanken - so steht's im Juryprotokoll.

Ein Geschäft ist auch Mittelpunkt des neuen Dorfzentrums der Gemeinde Langenegg, Vorarlberg. „Vor etwa 80 Jahren wurden an dieser Stelle zwei Gemeinden vereint“, blickt Bürgermeister Georg Moosbrugger zurück. „Das Einzige, dass es nicht gab, war ein Dorfzentrum, denn die Mitte der neuen Ortschaft war völlig leer.“ Architekturstudenten aus Liechtenstein und Innsbruck wurden angekarrt. Auf Basis ihrer Ideen wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben. Das Bregenzer Büro Fink+Thurnher, das als Sieger hervorgegangen war, schmiedete ein Ortszentrum aus einem Guss - mitsamt Kindergarten, Café und kleinem Supermarkt.

Ein letztes Mal Vorarlberg: Am steilen Südhang von Schlins steht ein Wohn- und Atelierhaus, das voll und ganz aus Lehm besteht (Planung Roger Boltshauser, Martin Rauch und Thomas Kamm). Die Lehm Ton Erde Baukunst GmbH, Auftraggeberin des ökologischen Projekts, ließ ihre Erfahrungen der letzten dreißig Jahre einfließen.

„Das Haus besteht von oben bis unten aus Aushubmaterial“, sagt der Firmeninhaber und Bewohner Martin Rauch. „In bautechnischer Hinsicht ist es wie eine afrikanische Lehmhütte, jedoch mit dem für uns gewohnten Komfort.“ Billiger sei das Gebäude trotz der großen Menge an Gratiserde keineswegs. „Das Teuerste ist die Arbeitszeit, und die ist bei einem Lehmhaus nicht zu unterschätzen.“

Rauch blickt in die Zukunft: „Eines Tages wird sich die ökologische Investition auch wirtschaftlich gerechnet haben. Das Haus hält gute 40 Jahre ohne Sanierung aus. Und die Entsorgung am Ende der Lebensdauer wird ein Kinderspiel.“ Erde zu Erde eben.

Durchaus exotisch ist auch die Apartmentanlage Sun II in Matrei, Osttirol. Mitten in den Ort ließ Bauherr Friedl Ganzer eine kompakte Wohnstadt bauen. Neun Wohnungen und Ferienapartments unterschiedlicher Größe finden darin Platz, das Wiener Architekturbüro Squid presste die dichte Packung in ein fesches Kleid. Von altbackener Tiroler Lederhose keine Spur.

Als visionäres Pflaster entpuppte sich heuer auch Salzburg. Gleich zwei Projekte bekamen den Bauherrenpreis verliehen. Die Gusswerk Eventfabrik GmbH kaufte in Salzburg-Kasern eine alte Glockengießerei aus der Zeit um 1900 auf und baute das gesamte Areal zu einem Hotspot für die Kreativwirtschaft um (Planung LP Architektur). „Das Bestandsobjekt hatte viel Charme, und den haben wir erhalten“, sagt Gusswerk-Geschäftsführer Markus Sillaber. Das gesamte Objekt sei bereits voll vermietet, der große Run habe selbst den Bauherrn überrascht. Ein weiterer Ausbau ist bereits angedacht.

Im dichten Stadtgefüge der Mozartstadt steht die sogenannte Alte Diakonie, ins Leben gerufen von der Diakoniewerk & Myslik Wohnbau Projekt-Gesellschaft mbH. Das ehemalige Diakonissen-Krankenhaus wurde saniert, umgebaut und um einen Neubau erweitert (Architekturbüro Halle1). „Von Anfang an war für uns klar, dass wir kein langweiliges Monoprojekt wollen“, sagt Geschäftsführer Josef Scharinger. „Wir wollten, dass hier Leute gerne wohnen und arbeiten, aber auch, dass die Vergangenheit des Ortes nicht zu kurz kommt.“ Will heißen: Es gibt Seminarräume fürs Diakoniewerk und sogar ein Gesundheits- und Fitnesszentrum auf tausend Quadratmeter Fläche.

Letzter Boxenstopp ist Wien-Leopoldau. Dort, wo die Großstadt nur noch aus sporadischen Häusern und weitläufigen Äckern besteht, ließ die Wiener Linien GmbH & Co KG eine Großgarage für ihre Autobusse bauen. Rund 150 Niederflurbusse verbringen hier ihre auf wenige Stunden verknappte Nacht, werden gewartet, gewaschen und mit Flüssiggas vollgetankt.

Freilich dreht sich in der Busgarage nicht alles nur um den Bus. Dass auch die 200 Angestellten und Busfahrer der Wiener Linien nicht zu kurz kommen, war ein dezidierter Bauherrenwunsch an die Wiener Architekten fasch & fuchs.

„Die Sichtbetonwände, die sich die Architekten gewünscht haben, stoßen bei den Mitarbeitern ehrlich gesagt nicht nur auf Gefallen. Aber das ist nun mal Geschmackssache“, sagt Kresmir Jukic, Projektleiter bei den Wiener Linien. „Das Wichtigste ist jedoch, dass sich die Leute in diesen Räumen wohlfühlen und dass es für sie eine ganz neue Erfahrung ist, so viel Tageslicht zu haben.“

Auf den gestern verliehenen Preis ist Jukic stolz: „Das Projekt ist einzigartig. Es kommt ja nicht alle Tage vor, dass man eine Großgarage für Autobusse baut. Und dass man den Bauherrenpreis gewinnt, schon gar nicht.“

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