Eine Fassade wird zum Kunstwerk

Mit einer städtebaulich präzisen Intervention haben Diener & Diener aus Basel das Stadtmuseum Aarau um einen Palas-Bau erweitert. Die Fassade des begrünten Kubus entpuppt sich als riesiges Kunstwerk.

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Aaraus Stadtmuseum mit neuem Palas. (Bild: Yohan Zerdoun)

Aaraus Stadtmuseum mit neuem Palas. (Bild: Yohan Zerdoun)

(holl.)

Die von den Kyburgern in konzentrischen Ringen angelegte Planstadt Aarau fasziniert durch ihre urbanistische Kompaktheit. Hier ist es in jüngster Zeit gelungen, Lücken im historischen Stadtgewebe durch wegweisende Neubauten wie die Markthalle von Miller & Maranta oder die Erweiterung des Kunsthauses von Herzog & de Meuron zu schliessen. Eine städtebaulich ebenso präzise Intervention stellt die 2006 aus einem Wettbewerb hervorgegangene und nun abgeschlossene Erweiterung des Stadtmuseums Aarau dar, dessen Keimzelle das Schlössli, ein mittelalterlicher Turm mit späteren Anbauten, war. Dem renommierten Basler Architekturbüro Diener & Diener, das in den vergangenen Jahren mit anonymen Grossbauten enttäuschte, ist hier ein sprechendes Werk gelungen, das Kontext und Baubestand subtil und stimmig um einen modernen Palas-Bau erweitert, den aus der Platanenallee des Grabens ausfliessenden Schlossplatz zur Juralandschaft hin räumlich fasst und mit seiner Fassadenbegrünung ein ökologisch wichtiges, lange vernachlässigtes gestalterisches Element in die schweizerische Architektur zurückbringt. Der kubische Palas nimmt die Traufhöhe des historistischen Nachbarhauses genauso auf wie dessen Dachschräge, die hier aus einem Stahlgerüst besteht, an dem sich Wein, Kiwis und hoffentlich bald auch immergrüne Kletterer emporranken. Einer grünen Mütze gleich verhüllt ihr Laub das rundum verglaste Attikageschoss, in welchem die Museumsverwaltung arbeitet. Die in der Mitte sanft geknickte Hauptfassade des kargen Neubaus wurde mit Betontafeln, in die Josef Felix Müller zeitgenössische Menschenbilder einprägte, in das wohl grösste Kunstwerk Aaraus verwandelt. In diesem ausgespart ist eine dreitürige, garagenartige Eingangszone. Sie führt vom Platz ins weite Foyer, dem eine kleine Bar und ein gezielter Fensterausblick Atmosphäre verleihen. Eine mit dem Altbau vielfach verzahnte Erschliessungszone führt hinunter zum Mehrzwecksaal oder hinauf zur Verwaltungsetage – vorbei am grossen, stützenfreien Wechselausstellungsraum mit schönem Blick auf die Jurahänge, der am Samstag mit einer attraktiv inszenierten Demokratie-Schau eröffnet wird. Da eine Neubauetage zwei Turmgeschossen entspricht, entsteht in der Scharnierzone eine neuartige vertikale Museumslandschaft, die bei aller formalen Sparsamkeit überzeugend gestaltet ist.

Das noch leere, stützenfreie Foyer des neuen Stadtmuseums Aarau von Diener & Diener mit Blick auf die Altstatdächer und in die vertikale Museumslandschaft der Erschliessungszone. (Bild: Yohan Zerdoun)

Das noch leere, stützenfreie Foyer des neuen Stadtmuseums Aarau von Diener & Diener mit Blick auf die Altstatdächer und in die vertikale Museumslandschaft der Erschliessungszone. (Bild: Yohan Zerdoun)