Im Labor für digitales Bauen

Die Digitalisierung dürfte bald auch das Bauen revolutionieren. Weil sie davon überzeugt sind, haben ETH-Professoren ein Architekturlabor gebaut. Darin warten Riesenroboter auf knifflige Bauaufgaben.

Irène Troxler
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Fingerübung für Roboter an der ETH Zürich. (Bild: Goran Basic / NZZ)

Fingerübung für Roboter an der ETH Zürich. (Bild: Goran Basic / NZZ)

Die Metallskulptur würde auch als Kunstwerk durchgehen, aber es handelt sich um die Fingerübung zweier riesiger Roboter. Unter den Augen der Besucher fügen sie Metallstangen aneinander und schweissen sie zusammen. Die Roboterhalle, in der sie stehen, ist das Herzstück des neuen Arch_Tec_Lab auf dem ETH-Campus Hönggerberg.

Der am Donnerstag offiziell eröffnete Neubau soll es der Hochschule ermöglichen, die Nase vorn zu haben bei der Digitalisierung des Bauens. Weltweit sei dies die erste Forschungsplattform für grossmassstäbliche roboterbasierte Fabrikation in der Architektur, sagte Fabio Gramazio, Professor am Institut für Technologie in der Architektur, vor Medienvertretern.

Neue Technik, neuer Ausdruck

Wer sich eine Vorstellung davon machen will, was diese Roboter künftig bauen könnten, sollte sich das Dach des Arch_Tec_Lab anschauen. Es wurde mithilfe von Computerprogrammen und Robotern der Firma Erne AG Holzbau aus fast 50 000 Holzlatten gezimmert. Trotz der Hightech-Fertigung wirkt es alles andere als kühl, es legt sich vielmehr in organisch anmutenden Bögen mit unregelmässigen Lichtöffnungen über das Gebäude. Digitales Bauen erweist sich nicht nur als technische Herausforderung, sondern auch als gestalterische Chance. Bekanntlich führten in der Architekturgeschichte Innovationen jeweils zu einem neuen architektonischen Ausdruck. Um dieses Feld möglichst interdisziplinär zu bearbeiten, hat die ETH im Neubau über der Robotik-Halle gemeinsame Büros für verschiedene Lehrstühle eingerichtet.

Der gesamte Bau, der auf einem ETH-Parkdeck steht, ist ziemlich experimentell und gewährt «einen Blick in die Zukunft des Bauens», wie Ulrich Weidmann, Vizepräsident für Personal und Ressourcen der ETH, es formulierte. Errichtet wurde er in einem digitalen Planungs- und Produktionsprozess. Damit sei es gelungen, die Leichtbauweise weiter zu optimieren, sagte Sacha Menz, geistiger Vater des Lab und Vorsteher des Instituts für Technologie in der Architektur der ETH. Während für herkömmliche Hochbauten pro Kubikmeter bis zu 400 Kilogramm Material verbaut werden, waren es beim Arch_Tec_Lab nur 240 Kilogramm. Wird man künftig also günstiger bauen, dank Roboter-Unterstützung? Vermutlich schon, aber das computerbasierte Ineinanderfliessen von Planung und Fertigung erlaubt auch Projektänderungen bis zum letzten Moment. Dies dürfte das Bauen zudem flexibler machen.

Keine Dämmung

Auch bei der Gebäudetechnik geht die ETH eigene Wege. Während bei konventionellen Bauten viel Material für die Dämmung verbaut wird, setzt die Hochschule auf ihr Konzept der Emissionsfreiheit. Das bedeutet, dass im Sommer Wärme in Bodenspeicher abgeführt wird, die im Winter von dort bezogen werden kann.