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Rot-grüner Streit um Ausbauprojekt auf Karlsplatz
Der Standard

Die geplante Aufstockung des Winterthur-Gebäudes neben der Karlskirche in Wien ist umstritten. Laut Bürgermeister Michael Häupl soll die Stadt das Gebäude kaufen. Maria Vassilakou kritisiert den Zeitpunkt des Vorstoßes.

14. Februar 2017 - David Krutzler
Wien – Der Vorstoß von Michael Häupl (SPÖ) ist brisant. Der Wiener Bürgermeister schlägt vor, dass die Stadt das Winterthur-Gebäude auf dem Karlsplatz kaufen soll. Es soll dann dem benachbarten Wien Museum zur Verfügung gestellt werden, sagte er der Tageszeitung Österreich.

Die prominent gelegene Immobilie gleich neben der Karlskirche ist seit 2002 im Besitz der Zürich Versicherungs-Aktiengesellschaft (Zurich). Wie berichtet, plant aber der Konzern seit längerem, das Gebäude für eigene Zwecke zu sanieren und um zwei Etagen sowie ein zurückgesetztes Staffelgeschoß aufzustocken. Der Ausbau geschehe mit „enger Einbeziehung der Stadt Wien“, hieß es im April 2016 vonseiten des Unternehmens.

Der Hintergrund: Das benachbarte Wien Museum plant ebenfalls einen Ausbau. Bereits Ende November 2015 wurde hier das Siegerprojekt des österreichischen Architektenteams Winkler+Ruck (Klagenfurt) sowie Certov (Graz) präsentiert, das sich im internationalen Wettbewerb durchsetzen konnte. Im April 2016 verkündete Zurich mit dem Wiener Architekturbüro Henke Schreieck den Sieger ihres Wettbewerbes.

Die rot-grüne Stadtregierung stand hinter dem Projekt. Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) merkte damals an: „Ich begrüße den vorliegenden Entwurf der Architekten Henke Schreieck am Karlsplatz. Dieser ergänzt den sensiblen Raum auf harmonische Weise und in höchster architektonischer Qualität zwischen dem Neubau des Wien Museums und der Karlskirche.“ Seither laufen die konkreten Vorarbeiten zur Umsetzung der beiden Ausbauprojekte. Der Vorstoß Häupls könnte das aber obsolet machen. Eine Versicherung wie die Zurich „kann ihr Gebäude überall in Wien aufstellen. Das muss nicht auf dem Karlsplatz sein“, sagte er im Interview. „Würde die Stadt der Versicherung den Grund ablösen, könnte man in einem völlig neuen Projekt das Wien Museum so erweitern, wie es ohnehin eigentlich notwendig wäre.“

Die grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou kritisiert hingegen vor allem den Zeitpunkt des Häupl-Vorschlags. „Wäre dieser Vorstoß zum richtigen Zeitpunkt gekommen – zu Beginn des Vorhabens –, hätten diese Spielräume genutzt werden können“, sagte sie. Es seien aber bereits umfangreiche Wettbewerbs- und Planungskosten angefallen – sowohl bei der Stadt als auch bei der Versicherung.

Laut dem grünen Planungssprecher Christoph Chorherr wurden noch im Herbst des Vorjahres die Gewinner des Architektenwettbewerbs für das Wien Museum Neu mit weiteren Planungen beauftragt. Im September wurde dafür im Kulturausschuss des Gemeinderats ein Gesamtbetrag von 3,5 Millionen Euro einstimmig beschlossen. Dieser Betrag soll bis zur Erwirkung des Baubescheids reichen. Nicht inbegriffen sind laut Chorherr die Ausgaben für die vorhergehende Durchführung des Architektenwettbewerbs.

„Es gibt eine akkordierte Vorgangsweise mit aufrechten Beschlüssen“, sagte Chorherr. Wenn sich die Rahmenbedingungen ändern, müsste man das den Grünen „bitte mitteilen“. Vassilakou ging davon aus, dass der Vorstoß Häupls auch mit der Zurich-Versicherung abgestimmt sei.

Bisher kein Kaufangebot

Beim Unternehmen zeigte man sich aber überrascht. „Es hat bis dato weder Gespräche über ein Kaufangebot der Stadt Wien noch ein Kaufangebot der Stadt Wien selbst an die Zürich Versicherungs-Aktiengesellschaft bezüglich des Winterthur-Gebäudes gegeben“, hieß es in einer Stellungnahme an den STANDARD . „Wir stehen zu dem Ergebnis des Architekturwettbewerbes, der darauf basierenden Planung und dem bereits laufenden behördlichen Verfahren, dessen Verlauf und Ergebnisse für uns maßgebend sind und wovon auch der Baubeginn abhängt.“ Das Flächenwidmungsverfahren läuft bereits.

Gegen die Aufstockung des Winterthur-Gebäudes macht die Initiative „Rettet die Karlskirche“ mobil. Die Karlskirche würde „bedrängt“, sagte etwa Architekt Friedmund Hueber. Unterstützer sind auch Ex-Kunsthallen-Direktor Gerald Matt oder Künstler Erwin Wurm. Rund 6500 Personen haben bisher unter www.rettetdiekarlskirche.at unterschrieben.

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