Bauwerk

Topografie des Terrors
Peter Zumthor - Berlin (D) - 1993
Topografie des Terrors, Foto: Klaus Frahm / ARTUR IMAGES
Topografie des Terrors, Foto: Klaus Frahm / ARTUR IMAGES

Abrissbirnenlösung

Ernüchterung nach dem Scheitern des Berliner «Topographie»-Neubauprojektes

2. Juni 2004 - Claudia Schwartz
Die deutsche Bundesregierung und das Land Berlin haben, wie kurz gemeldet (NZZ 27. 5. 04), beschlossen, das Neubauprojekt des vom Schweizer Architekten Peter Zumthor geplanten Berliner Dokumentationszentrums für die Stiftung «Topographie des Terrors» abzubrechen und das Projekt neu auszuschreiben. Was nach jahrelanger Ungewissheit auf den ersten Blick wie ein Befreiungsschlag wirkt, wirft doch einige Fragen auf. Dass die Ursache für die endlose Bauverzögerung nicht allein in den wiederholten Pleiten beteiligter Firmen liegen konnte, wie die Berliner Bauverwaltung lange glauben machte, dass vielmehr die Schwierigkeiten in Zumthors aufwendiger Beton- Stabwerkskonstruktion selbst gründeten, war in Anbetracht der nun seit mehr als zwei Jahren verödeten Baustelle offensichtlich.

Von den Diskussionen zwischen Architekt, Stiftung und Bauverwaltung drang jedenfalls genug an die Öffentlichkeit, dass auf eine heillos verfahrene Situation geschlossen werden konnte. So gesehen erscheint der Schlussstrich, den die Berliner Bausenatorin, Ingeborg Junge-Rever, und die Kulturbeauftragte der Bundesregierung, Christina Weiss, gemeinsam gezogen haben, verständlich. Das überstürzte Tempo, mit der die Kehrtwende nun vollzogen wurde, und die Art und Weise, wie man den Beschluss öffentlich machte, ohne vorab den Architekten zu informieren, lassen allerdings noch nicht unbedingt darauf schliessen, dass das Projekt bereits von einem neuen Stil beseelt wäre.

Es bleibt zudem die Frage, wie es dazu kommen kann, dass erst neun Jahre nach Grundsteinlegung eines Baus und der Vollendung von drei Treppenhäusern ein Gebäude als zu risikoreich nicht nur in seiner Realisierung, sondern auch hinsichtlich seiner späteren Betriebskosten eingeschätzt wird, wie dies nun ein Gutachten tut. Bei allen baulichen Unwägbarkeiten - das Scheitern des einst als architektonische Ergänzung zu Jüdischem Museum und Holocaust-Mahnmal auf den Weg gebrachten Projektes stellt eine Bankrotterklärung für alle Beteiligten dar. Über 13 Millionen Euro hat man in den Berliner Sand gesetzt, es könnten noch ein paar mehr werden, wenn die bereits erstellten Treppenhäuser abgerissen werden müssen oder Schadenersatzansprüche folgen. Zumthor lässt gegenwärtig seinerseits rechtliche Schritte prüfen.

In den letzten Tagen war oft davon die Rede, dass der authentische «Ort der Täter», an dem einst ein Teil des NS-Machtapparates sass, keine Memorialarchitektur benötige, sondern eine schlichte Anmutung. Vergessen scheint, dass man sich genau aus diesem Grund 1993 für Zumthors minimalistischen Entwurf entschieden hatte. Nun wird ein Wettbewerb neu ausgeschrieben werden müssen, um mit dem Restbudget von rund 25 Millionen Euro ein neues Haus zu entwerfen, zu bauen und einzurichten. Die Aufgabe ist nicht leichter geworden.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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