Bauwerk

MPREIS Hauptbahnhof
Rainer Köberl, Michael Steinlechner - Innsbruck (A) - 2004
MPREIS Hauptbahnhof, Foto: Lukas Schaller
MPREIS Hauptbahnhof, Foto: Lukas Schaller

MPREIS

11. August 2004 - Az W
Da in diesem Mpreis ( im Untergeschoss des neuen Innsbrucker Bahnhofs von Riegler Riewe situiert) ein Dialog mit der Natur oder der Stadt naturgemäß ausbleibt, ist er ohne direkten visuellen Bezug zur Außenwelt atmosphärisch auf Selbstreflexion gedimmt. Wesentliches Element dieser Selbstbespiegelung ist die schwarze Glasdecke, in der sich räumliche Dimensionen und die angestrahlten Lebensmittel nach oben verdoppeln bzw. ins Bodenlose verlieren. Helle Seitenwände aus lackiertem Birkensperrholz, ein rotbrauner Kunstharzboden und simulierte Oberlichtinseln geben dem differenzierten Spiel mit dem Mangel an Aussicht eine zurückhaltende Fassung.

Während ein normaler Deckenspiegel keine Tiefe suggerieren, sondern flach zurückwerfen würde, was auf dem Boden steht, öffnet die schwarze, uneindeutig spiegelnde Glasfläche die Decke nach oben. Sie bewirkt, dass räumliche Dimensionen uneinschätzbar werden, dass der gespiegelte Gegen-Raum am Kopf steht, aber anders als beim Normspiegel werden die zu reflektierenden Gegenstände sowohl verdoppelt als auch in ungewisse Tiefen verschluckt. Und sie werden verwandelt: In der nie vollkommen planen Oberfläche des Floatglases verschwimmen und verlieren sich die Spiegelbilder wie in einem dunklen stehenden Gewässer, in dem Lichtbojen ankern. Auf der Biennale in Venedig 2002 hatte Rainer Köberl einen ähnlichen Effekt erzielt, als er einen Raum des Österreich-Pavillons bis zur ersten Stufe und putzbündigen Sockelleiste schwarz unterlegte und mit Wasser flutete, sodass sich die Decke des Hoffmann-Raums darin spiegelnd verlor.

Der dunkle Illusionismus der Decke ist eine Antwort auf den Illusionismus des Raumlichts. Die massiven, nur mit einem Brandschutzanstrich versehenen Stahlstützen stehen wie gehobelt im plastischen Streiflicht, die angestrahlten Waren in den geradlinigen Regalbahnen sind scharf gezeichnet, dazwischen gibt es aber auch – ungewöhnlich für einen Lebensmittelmarkt – Bereiche im dämmrigen Zwielicht. So liegt etwa zwischen dem von oben belichteten Eingang und den von oben belichteten Kassen der Bar- und Baguettebereich im atmosphärischen Halbschatten. Diese differenzierte, von Halotech präzise gedimmte „Festbeleuchtung“ bewältigt die prekären Raummaße (bei einer Raumlänge von 60 Metern könnte eine Raumhöhe von 3,10 Meter bedrücken) und schafft die Voraussetzung für eine sympathische Illusion: Sie beschert jedem Kunden das erhebende Gefühl, als sei der Einkauf von Lebensmitteln nichts Banales, als seien die Waren selbst von erlesener Güte. (Text: Gabriele Kaiser)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at