Bauwerk

Umbau 70er-Jahre-Haus
Friedrich Stiper, Sonja Ramusch - Linz (A) - 2004

Veredelung der Wunderkammer

So stilsicher wie klug reagiert der Umbau von Architektin Sonja Ramusch und Designer Fritz Stiper auf ein schräges 70er-Jahre Haus. Seine zwei Baukörper zelebrieren das Dreieck, das Planerduo machte aus dem verwinkelten Kammerngewirr eine edle, lichtdurchflutete Bleibe.

11. September 2004 - Isabella Marboe
„Es war Liebe auf den ersten Blick“: das Bauherrenpaar war vom eigenwilligen 70er-Jahre - Bau auf der Hohen Straße am Linzer Pöstlingberg komplett begeistert. Beim Planen seines Eigenheims hatte sich Designer Prof. Horst Meru damals selbst verwirklicht: das ganze Haus ist auf dem gleichschenkeligen Dreieck aufgebaut.

Spitz ragt das Eingangsvordach an der Hohen Straße im Norden zwischen dem schrägen Schenkel des Dreiecksturms im Westen und der lärchenholzverkleideten eingeschossigen Wohnebene aus der Fassade. Schräg buchtet sie sich aus, mäandert scharfkantig ums Eck, um sich zum auskragenden Südterrassentrapez zu weiten. Ihr geknickter Verlauf bietet mit drei geraden und zwei Nord- und Südwest orientierten langen Fronten ein breitgefächertes Panorama. Die Donau plus Linzer Skyline mit Domspitz, Voest-Schloten, Puchenau und Urfahr liegen hier zu Füßen.

Wie ein Adlerhorst thront das Haus über dem Gelände, wie Riesenäste streben die auskragenden Stahlbetonträger aus dem überdeckten Vorplatz mit Pool vor dem südseitig offenen Keller, wo Meru sein Atelier hatte. Ein Plateau tiefer ist ein zweites größeres Becken, das Gartenplanerin Lisa Radler ruhig wie einen japanischen Teich gestaltete, darunter führt ein steingefasstes Wegnetz mit Treppen in paradiesisch grüne, üppige Wildnis.

So weitläufig die Terrassen, so verwinkelt war das Innere: ein unübersichtliches Gewirr kleiner Dreiecke, Trapeze, Gänge. Mit hochsensiblen Eingriffen glückte Architektin Sonja Ramusch und Designer Fritz Stiper hier lichtdurchflutete Weite. Schlitz und Glastür lassen durch die tragende Wandscheibe vor dem Wohnraum ins Grüne blicken. Alle Zwischenwände wurden entfernt, die klobigen Fensterrahmen und Parapete der Südfront durch raumhohes Glas ersetzt. Nun entfaltet sich das Panorama in cinemascopehafter Weite im fließenden Wohn-Ess- Kochraum. Ein Raumwunder ist die Küchenzeile, die als rundum umgehbares Möbel klare Orientierung schafft. Dem Bau gemäß schräg zugespitzt, bildet ihr stauraumbergendes Hinten den Gang von Vorraum zu Schlafbereich. Passend zum bestehenden hellen Laminatboden ist sie aus gebleichtem Ahorn von feiner, wellpappeartig gefräster Struktur. Ein Spiegel vorm Schalterkasten weitet den Gang, auch sein Pandomo- Wandanstrich hat eine zarte Oberfläche. Das Design nutzt jede Nische für mehr Lebensraum.

Mit Wandschlitz wird Duschen in ihrem Dreiecksbad zum Erlebnis, ein beidseitig bestückbarer Kasten zum Raumteiler in sein Bad, gemeinsam ist ihnen ein Schlitz mit Ablagefläche fürs Gel. Zwei Glastüren mit filigranen Griffen an einer Ahornscheibe führen zum Schlafraum, wo man vom Bett ins Grüne blickt. Als edle Nachtkastenvariante schweben lederüberzogene Aluplatten mit viel Ablagefläche an den Wänden.

Eine Schieferplatte mit Spülbecken vor hinterleuchteten Glasregalen bildet die Küchenzeile, die sich mit horizontalen Mattglasscheiben komplett schließen lässt. Zwei mit Holzfurnier ausgekleidete, schwebende Glasrohre verbreiten über dem freistehenden Herd Kerzenlichtatmosphäre, Ahornbord und Hocker machen Kochen auf der großen Schieferplatte zum geselligen Event. Entlang der traumhaften Aussicht strömt das von Wänden befreite Innen weiter zum Essen und Wohnen. Licht für alle Stimmungen verbreiten zwei Halotech- Stehlampen mit Farbeinsätzen, auf der Couchliegelandschaft schwebt man wie in einer Raumkapsel über Linz.

Die massive Holzdecke, sechseckige Stützen und grober Kies verbreiten auf der Terrasse den rauen Charme der 70er. Reizvoll bricht ihn das reduzierte Design mit einer japanisch anmutenden Steinplatte zum Essen im Freien. Diese Haltung zieht sich als roter Faden durch den Umbau, der so den Charakter des Alten betont und um neue Qualitäten mehrt. Besonders deutlich ist das im Untergeschoss. Im einheitlichen Bodenbelag aus Akazienholz gehen Innen und Außen ineinander über, auch die Dreiecksstützen zwischen den Glasscheiben der Bibliothek sind so verkleidet, die Regale aus demselben Holz. Die Spitzen verlieren ihre Schärfe, der Raum seine Grenzen, frei schweift das Denken ins Weite. Eine Glasschiebetür führt auf die gedeckte Terrasse mit Pool, wo eine in die Wand integrierte Miniküche für konstanten Erfrischungsnachschub sorgt.

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