Bauwerk

Adambräu – Umbau Sudhaus
Rainer Köberl, Giner + Wucherer - Innsbruck (A) - 2004
Adambräu – Umbau Sudhaus, Foto: Lukas Schaller
Adambräu – Umbau Sudhaus, Foto: Lukas Schaller
Adambräu – Umbau Sudhaus, Foto: Lukas Schaller
Adambräu – Umbau Sudhaus, Foto: Lukas Schaller
8. April 2005 - Az W
Das neue/alte Adambräu ist als Ort der Vermittlung und Bewahrung von Architektur ein sprechendes Beispiel dafür, dass ein Baudenkmal nicht nur zerstört oder errettet, sondern auch weitergedacht werden kann. Gerade der exakte Zuschnitt der von Lois Welzenbacher entworfenen baulichen Hülle auf den vertikal organisierten Brauvorgang verleiht dem Gebäude nun, in der ihm uneigentlichen, aber wie angegossenen Nutzung als Architekturforum (aut. architektur und tirol) und Archiv (Archiv für Baukunst- Architektur und Ingenieurbau der Universität Innsbruck), seine besondere Komplexität. Diese erscheint umso reizvoller, als sie nicht erfunden werden musste (gar nicht erfunden werden konnte), sondern als einst funktional-stringente, nun dem Kontext entglittene Erinnerungsspur auf einen nicht mehr präsenten industriellen Vorgang verweist. Der gesamte brautechnische Organismus, die Kessel, Rohre, Silos und Bottiche, sind zwar aus dem Raumgefüge verschwunden (der Brauereibetrieb wurde 1994 eingestellt), aber im Passepartout ursprünglicher Zweckbestimmung dennoch präsent.

Diese Präsenz vergangener Nutzung wäre nur von nostalgischem Wert und von den Architekten wohl auch nicht in diesem Ausmaß thematisiert worden, wäre aus der historischen Referenz nicht zugleich auch funktionaler, struktureller Sinn für die neue Nutzung zu ziehen gewesen. So ist etwa der Entschluss, die vier kreisrunden Öffnungen in den Geschossdecken des Kesselbereiches nicht endgültig zu schließen, nicht als denkmalpflegerische Maßnahme zu sehen, sondern als sachgerechte, einer Institution, die Architektur zur Sprache bringt, angemessene Überlagerung von Bedeutung. In diesen „Löchern“ liegen nun lose Eichenholzbohlen bündig im Boden, sie können entfernt werden, wenn eine vertikale Durchdringung von Ausstellungsobjekten oder eine zusätzliche Blickverbindung zwischen den Ebenen sinnvoll erscheint. Auch im Silobereich (Archiv) wurden die trichterförmigen Malzauslässe in ihrer formalen Eigenart belassen, zugleich aber für Leitungsführung und Infrastruktur genutzt. Glaskreise und Bodenfenster markieren jene Punkte, an denen zuvor Rohre geschossübergreifend verliefen und steigern nun als Tageslichtleiter die vertikale räumliche Durchdringung. Im Bereich der zellenartig aneinandergereihten Silos, die zuvor nicht zugänglich waren, tritt durch Aufschneiden der Kreuzungspunkte der Wände jene strukturelle Vierteilung zutage, die auch den unteren, über quadratischem Grundriss angelegten Kesselbereich gliedert. Auf Basis dieses „archäologischen“ Freilegens und Umdeutens von vorhandenen Strukturen macht Architektur - in all ihrer formalen Zurückhaltung – nicht sich selbst unsichtbar, sondern Unsichtbares sichtbar.

Im disziplinierten Schwarz/Weiß-Kontrast bleibt auf der Ebene des Materials (weiß gestrichene Wände, Industrieheizkörper, schwarzer Stahl, dunkelgrauer Terrazzo, Sichtbeton, Linoleum und Kunstharz, Beleuchtungskörper aus Alu natur) jeder bauliche Eingriff im Hintergrund, fügt sich das neuerlich Rohe, industriell Konnotierte fast unmerklich in die Substanz. Die Fehlstellen der Stahlbänder in den Handläufen wurden einfühlend ersetzt, die alten Fensterprofile ergänzt, der zwischenzeitlich außen angebrachte, die Proportionen der Fassade verletzende Vollwärmeschutz abgenommen und innen nur dort durch eine Vorsatzschalung ersetzt, wo dies unbedingt erforderlich war. Gerade diese respektvolle Instandsetzung und wache Anpassung architektonischer Gegebenheiten an neue Verhältnisse macht für räumliche Qualitäten empfänglich, in denen das Original auf sachliche und bedeutungssteigernde Weise zu sich kommt. (Text: Gabriele Kaiser)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at