Bauwerk

Wohnhaus Hernals
Leopold Dungl - Wien (A) - 2004

Ambitioniertes Wohneck in Hernals

Auf einem Eck in der Antonigasse plante Architekt Leopold Dungl das neue Gesiba-Wohnhaus mit 27 Einheiten. Ein ambitionierter Versuch, Steildach, Gaube und Eckbau neu zu artikulieren.

10. Juli 2004 - Isabella Marboe
Eckgrundstücke stellen immer etwas besonderes dar. Zur Gründerzeit inszenierte man den Richtungswechsel im Haus mit Dachaufbauten, Erkern und ausladenden Eingängen. Heute pflegt man mit dem Eck distanzierteren Umgang und verzichtet bisweilen ganz auf spezielle Artikulation. Auch das neue Gesiba-Wohnhaus in Hernals steht am Eck. Im Westen steigt die Rosensteingasse an, vom Kreuzungspunkt mit der Antonigasse fällt das Gelände wieder ab. Für Architekt Leopold Dungl eine betonenswerte Stelle: sie markiert einerseits den höchsten Punkt, andererseits das Ende der geschlossenen Blockrandbebauung im Westen. Hausseitig herrscht gründerzeitliche Struktur, gegenüber sprengt das monumentale Postrechenzentrum aus den 70ern den Maßstab, das Gelände rundum ist mit Sportund Freiflächen locker durchgrünt.

Das viergeschossige Haus fügt sich mit Steildach und Gauben in die umgebende Dachlandschaft, ist aber trotzdem als Neubau zu erkennen. Zur Antonigasse gibt es sich flächig-karg, Fensterformate und Höhen gleichen sich den Nachbarn nicht an, auf den Westtrakt übergreifende, verglaste Balkone artikulieren das Eck deutlich, das Steildach ist durchgehend verzinkt, über die Gauben ragen ausladende Flugdächer, der Laubengangtrakt in der Rosensteingasse zeigt sich schuppig verglast. Der Niveauunterschied zwischen Neubaueck und Nachbarhaus beträgt 1,10 Meter, wodurch die Garage mit wenig Erdaushub auskommt. So blieb der große Baum im Hof erhalten, was Wohnungen und Loggien einen malerischen Ausblick schenkt. Wellblechschalung gibt dem Beton am Rosensteingassen-Sockel eine ansprechende Struktur, gegen den Nordtrakt sind die Ebenen um ein halbes Geschoss versetzt, was an Balkonen und Podesten ablesbar ist.

Die Straßen kreuzen sich nicht im rechtenWinkel, die zwei Hausteile mit 27 Wohnungen sind leicht verschränkt. Das führt zum verzogenen, offenen Eck mit dynamisch schrägen Balkonen. Auch die Trafik an der Antonigasse bekam so ein ansprechendes Entree, eine roteWand führt direkt in den Gang zum verglasten Stiegenhausturm mit Lift. Er erschließt die drei Tops pro Ebene im Nordtrakt und sitzt als richtungsausgleichendes Bindeglied vorm Laubengang im Westen. Die verschränkten Grundrisse sind ziemlich speziell. Eine Wohnung spannt sich über beide Trakte, was im Hofeck mit Loggia sowohl Süd- als auch Ostlicht bringt. Die Wohnküche – eine Raumfolge von Eß-Koch-und Wohnbereich ist in der zweiten Einheit durchgesteckt und von Norden und Süden belichtet. Die durch viele Einund Ausbuchtungen gegliederte Gangfläche hat hier System: Dungl wendet es strategisch als raumgliederndes Element und Stauraumreservoir im sozialen Wohnbau an.

Als transparenter Schuppenpanzer zeigt sich der straßenseitige Laubengang im Westen. Über die Brüstungen ragen schräge Glasflächen, die vor Schneeverwehungen u.ä. schützen. Die eingeschossigen Tops dahinter bieten einen langgestreckten Esskochwohnraum mit Loggia zum Hof mit Baumblick im Osten, mittiger Küche, der Essplatz ist vom Laubengang belichtet. Davor liegt der nischenreiche Gangvorraum zu Bad, Toilette und Zimmer mit Loggiazugang. Die Maisonetten haben unter der Gaube mit Balkon einen durch zwei Stufen erhöhten Sitzplatz. Von hier genießt man ein beachtliches Panorama, die hoch ansetzende Dachschräge erzeugt Mansardgefühl, ohne viel Platz zu rauben. Der Laubengang mündet im Süden in eine weitere Wohnung, wodurch das Haus gemauert an den Nachbarn stößt. Das schuppige Glas setzt sich hier fort: mit Lochblech geschlossen, wird es zum staufreundlich ausgebuchteten Fensterelement.

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