Bauwerk

Hauptschule Paznaun
noldin architekten - Kappl (A) - 2004
Hauptschule Paznaun, Foto: Margherita Spiluttini
Hauptschule Paznaun, Foto: noldin  architekten

4. BTV Bauherrenpreis für Tirol - Auszeichnung

10. August 2005 - aut. architektur und tirol
An den Steilhängen des Paznauntales gibt es praktisch keine größeren, ebenen Flächen. Die Horizontale – noch dazu öffentlich nutzbar – ist hier ein sehr kostbares Raumpotenzial. Die rasante Entwicklung des Wintersports im Tal überlagerte diese natürliche Kargheit mit schlagartiger Prosperität – und mit all den sozialen Verwerfungen im Zuge von „Fun-Worlds“ und massenhaftem „Ballermann-Tourismus“. Der Zusammenschluss von vier Talgemeinden zur Errichtung eines gemeinsamen Schulzentrums setzt unter diesen bloß angedeuteten Bedingungen ein außergewöhnliches Signal: für die qualitative Ausbildung der Jugend und das lokale Kulturleben eine moderne Plattform zu schaffen; gemeinsam einen Bauplatz zu finden; einen Finanzierungsschlüssel auszuhandeln; einen zweistufigen, europaweit ausgeschriebenen Architekturwettbewerb durchzuführen und – vor allem – das prämierte Projekt ohne Abstriche umzusetzen.

Das beachtliche Volumen von Schule und Dreifachturnhalle ist optimal ins Gelände eingepasst. Die bauliche Silhouette beschränkt sich inmitten der bewegten, hochalpinen Topografie auf die bündige Horizontalität. Und dieser schlichte, helle „Strich“ quer zum Tal verweist schon auf den besonderen Raumcharakter der Anlage – nämlich die Verbindung der Klassen mit großzügigen Angeboten an überdachten und offenen Nutzflächen. Speziell die Aula im Hauptgeschoß mit dem freistehenden Musik- bzw. Theaterpavillon und der südwestlich vorgelagerten Terrasse – über dem halb eingegrabenen Turnsaal – erzeugt in diesem landschaftlichen Umfeld befreiende Raumerlebnisse. Diese leicht „zusammenschaltbare“ Sequenz von Innen und Außen bietet sowohl für außerschulische Nutzungen, wie für die hier intensiv angebotene Nachmittagsbetreuung und für die Pausenzeiten attraktive Möglichkeiten. Robuste Materialien und sorgfältig konstruierte Details unterstützen die in Grundriss und Schnitt sichtbare Klarheit. Architektur tritt hier nicht formal in Konkurrenz zur Natur, sie kompensiert vielmehr deren Zwänge und schafft einen spezifischen Ort des Lernens, einen betont offenen Raum für die mentale und soziale Entwicklung einer ganzen Talschaft.

(Jurytext aus: BTV Bauherrenpreis für Tirol 2005; Otto Kapfinger, Michel Pech, Much Untertrifaller)

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Für den Beitrag verantwortlich: aut. architektur und tirol

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