Bis vor kurzem war der MPreis im Bahnhof Innsbrucks schönstes Geschäft. Nun ist es die Buchhandlung Wiederin. Was den großen Supermarkt und den kleinen Buchladen am Sparkassenplatz verbindet, ist Architekt Rainer Köberl. Und beide sind Höhlen. In der einen glitzern Waren des täglichen Gebrauchs, die andere lockt zum Eintauchen in einen schwarzen Bauch, gefüllt mit bunten, sinnlichen Universen der Fantasie.
Eigentlich sollte der neue Buchladen nur Ausweichlokal für den alten sein, während der ehemalige Standort schräg vis-a-vis neu gebaut wird. Doch Thomas Wiederin hat sich dann doch zu einer fixen neuen Adresse entschlossen. Das neue Geschäft ist eine raffinierte Steigerung des alten. Allein die Fassade verströmt eine Magie, der sich kaum ein Passant entziehen kann. Rainer Köberl hat in die denkmalgeschützte gründerzeitliche Fassade zwei riesige schwarze Augen als Auslagen geschnitten, deren Fensterscheiben etwa einen Meter in die Tiefe versetzt sind.
Die dadurch entstehenden Nischen werden zu Büchertischen. Sie stehen außerhalb des Ladens und doch innerhalb, wie überhaupt die Verschränkung von Innen und Außen dem Architekten wichtig war. Das zeigt sich auch am schwarzen Gussasphalt als Bodenbelag, der sich von außen auf das auf Platzniveau abgesenkte Niveau im Eingangsbereich fortsetzt.
Pure Materialien wie schwarz emailliertes Glas und schwarz lackierte Spanplatten dominieren auch das Innere der Buchhandlung Wiederin. Das einzig Bunte sind die Rücken der Bücher.

(Text: Edith Schlocker, Tiroler Tageszeitung, 19. 08. 2004)