Bauwerk

Wohnhaus Alxingergasse
Geiswinkler & Geiswinkler - Wien (A) - 2005

Jedem sein Stück Garten

Sonne dringt in den dichten Gründerzeitblockraster von Wien-Favoriten, raffiniert lockt sie das Eckhaus der Architekten Geiswinkler & Geiswinkler zu Mietern und Pflanzen. An den Fassaden wachsen vertikale Gärten bis zum grünen Dach hoch: ein Haus aus silbrigem Wellblech und üppigem Grün.

9. Dezember 2006 - Isabella Marboe
„Eine Wohnung braucht viel Licht. Und damit meinen wir nicht nur Helligkeit, sondern wirklich Sonne“, sagen die Architekten Kinayeh und Markus Geiswinkler, „natürlich kann sich nicht jeder ein Haus mit Garten leisten, aber jeder will gern etwas pflanzen.“ Freiraum ist für die beiden weit mehr als nur ein Balkon. Erst ein Stück Erde zum Rasenmähen und Kräuter-Ziehen macht ihn zum lebendigen Grün.

Die erste Siedlung, die sie planten, war am so genannten Hofgartel am Leberberg. Ihre Maisonetten sind wie Reihenhäuser gestapelt und bestechen mit Gärten, Pergolen, Loggien und Dachterrassen. Das Grün zwischen den Zeilen gestaltete der Künstler Friedolin Welte, denn auch auf Schwelle und Weg legen Geiswinkler & Geiswinkler viel Wert. Die Wohnsiedlung am Hofgartel kam so gut an, dass sie dafür nicht nur den Holzbaupreis „wienwood 05“ erhielten, sondern vom Bauträger „Neues Leben“ sogar mit einem weiteren Wohnbau beauftragt wurden - diesmal am Eck eines dicht verbauten Gründerzeitblocks in Wien Favoriten.

Viel Sonne in der Wohnung und sein eigenes Stück Erde sollte auch hier jeder haben. Die Westseite liegt an der Alxingergasse, lichtdurchlässig umrundet ein Sockel auf Pendelstützen das Eck zum Eingang im Süden. Darüber wächst an beiden Fassaden die urbane, zweigeschoßige Mietergartenvariante in einer räumlich differenzierten Struktur aus Streckmetall, Wellblech und Aluminium bis hoch aufs Dach.

Wie ein Schleier beginnt der Regen seinen Weg am begrünten Dach und rinnt das spalierbaumbepflanzte, metallene Rankgitter hinab, bis er schließlich in der Erde versickert. Als bewachsene Wand bildet das Metallgitter den Blickschutz zwischen dem privaten Grün und regelt so das ökosoziale Mikroklima im vertikalen Maisonette-Garten über der Gasse.

Komplexe Fassade

Die Fassade ist räumlich komplex. Rundkantig hochgezogen, schwappen die wellblechverkleideten Erker als reflektierende Wogen über das Haus und mehren auf diese Weise das Licht in der Straße. Die meisten Loggien haben im Südwesten ein gläsernes Eck. Damit schenken sie dem zweiten Zimmer der Schlafebene eine sonnenhelle Nische und einen Blick auf den zweigeschoßigen Minigarten darunter. Der Garten unten profitiert wiederum von einem gedeckten Sitz- bzw. Liegeplatz im Grünen.

Aus baupolizeilichen Gründen springt die Gartengitterstruktur ab dem 5. Stock zurück. Gewohnt wird hier oben an sonnenwärts verschwenkten Grünräumen. Jede Maisonette hat ihren eigenen Garten, lichtdurchlässige, einläufige Stiegen, flexibel teilbare Grundrisse mit Schiebetüren und so wenig Wand wie möglich.Von der begrünten Dachterrasse hat man einen fulminantem Blick auf Wien. Aufmerksam gestaltete Gemeinschaftsräume im Keller und am Dach bilden die Basis und die Krone des Hauses.

Schwungvoll zieht sich eine semitransparente Profilitglaswand von der Garagenrampe an der Alxingergasse ums Eck, ihr Bogen schafft dem Eingang hinter Pendelstützen einen fließenden, gedeckten Vorplatz. Das industrielle Material passt in den Arbeiterbezirk Favoriten, in unscharf lyrischer Verklärung schimmern Bäume, Autos, Menschen und Häuser durch. Die gebauchte Wand birgt eine Garage für Räder. Dahinter reihen sich Kinderspiel- und Fitnessräume.

Die weißen Brüstungsmauern der Stichgänge, die vom Lift zu den Türen führen und in einem Bogen das Eck umrunden, schaffen im Hof ein eigenes Ambiente. Ein Oberlichtschacht mit Bank säumt die Grundgrenze und bringt Tageslicht in den Gemeinschaftskeller. Von einem Gitter umhaust, ragt die Stiege am Nordende der Feuermauer ins Freie. Ungehindert flutet die Südsonne in die durchgesteckten Maisonetten und Gärten der Eingangsfront.

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