Bauwerk

Bildungszentrum Campus Krems
Dietmar Feichtinger Architectes - Krems an der Donau (A) - 2005
Bildungszentrum Campus Krems, Foto: Angelo Kaunat
Bildungszentrum Campus Krems, Foto: Margherita Spiluttini

Wenn Architektur zum Erlebnis wird

Mit dem neuen Campus Krems von Architekt Dietmar Feichtinger erhielt Krems das zur Zeit sicher interessanteste architektonische Ensemble Niederösterreichs.

24. Juni 2005 - ORTE
Eigentlich ist es ja eine klassische Hintaus-Situation, das Grundstück, das zur Erweiterung der Donauuniversität Krems auf dem ehemaligen Tabakfabriksgründen zur Verfügung stand. Dietmar Feichtinger, ein gebürtiger Österreich, seit 1994 sehr erfolgreich sein Architekturbüro in Paris betreibt, gelang mit seinem Entwurf in vielerlei Hinsicht ein großer Wurf. Schon beim siegreichen Wettbewerbsprojekt von 2001 war klar, dass das Projekt besonders in städtebaulicher Hinsicht sehr gut sowohl auf den Bestand als auch die Topographie der Umgebung eingeht.

Die Kammstruktur der Neubauten nimmt die Gliederung der bestehenden Gebäude auf und ermöglicht deren Anschließung so, dass die Eigenständigkeit von Alt und Neu gewahrt bleibt. Die in mehrere Einzelbaukörper zergliederte Anlage orientiert sich am Bestand. Östlich davon schwenkt das als länglicher riegel ausgebildete Gebäude der Fachhochschule aus der Parallelität der Kammstruktur ab und orientiert sich an den Bebauungslinien der Grundstücke entlang der Kasernstraße. Dazwischen fungieren die punktförmigen Gebäude von Filmgalerie und Kino im Kesselhaus quasi als Gelenk. Mit einem einfachen städtebaulichen Motiv gelingt hier „Hintaus“ – nicht nur auf dem Plan nachvollziehbar - was „Voraus“, also an der Kunstmeile nicht wirklich aufgehen wollte: Eine Verbindung zwischen Krems und Stein. Mit ähnlichem, im nachhinein selbstverständlich erscheinendem, Geschick gelang es innerhalb des Ensembles Plätze zu schaffen, die mehr sind als möblierte Zwischenräume.

Die Niveauunterschiede wurden geschickt mit sanften Übergänge zur Alauntalstraße hin, wo sich ein attraktiver, weitläufiger, von Sitzbänken gesäumter Platz erstreckt, austariert.
Innerhalb entstanden intime Höfe unterschiedlicher Ausformung, die einerseits als Raumerweiterungen der angrenzenden Einrichtungen und Abteilungen funktionieren andererseits aber auch das Flanieren durch die Anlage zu einem besonderen Erlebnis machen. Bei entsprechender Witterung lässt es sich hier auf einem vor Verkehrslärm und kommerziellem Tohuwabohu geschützten Areal vortrefflich verweilen.

Von besonderer Anmutung ist der zentrale Campushof, den die Künstler Iris Andraschek und Hubert Lobnig mit Teppichen aus Mosaikfliesen gestalteten. Es ist Kunst im öffentlichen Raum von hoher Raffinesse. Die von Mustern unterschiedlicher Länder inspirierten Teppichfelder erscheinen – vor allem von oben betrachtet – wie zufällig hingeworfen, aus einiger Entfernung sogar täuschend echt. Einige überbrücken die Schwellen zwischen innen und außen und zudem sind Motive eingearbeitet, die im Bezug zu den hier gelehrten Fächern stehen.

Die Architektur der Gebäude selbst bildet einen unaufdringlichen, vor allem bei Nacht aber gar nicht so unspektakulären Rahmen. Die Transparenz der Baukörper erlaubt Durchblicke in die Landschaft. Die Beschattungslamellen können individuell verstellt werden und liefern so ein sich stets änderndes Fassadenbild. Nur nachts werden alle geschlossen und morgens, sobald die ersten Nutzer ihre Tagedslichtzufuhr regeln - bildet sich das allmähliche Erwachen des Komplexes auch außen ab.
(Text:Franziska Leeb)

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Für den Beitrag verantwortlich: ORTE architekturnetzwerk niederösterreich

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