Bauwerk

Center Apotheke
PURPUR.ARCHITEKTUR - St. Pölten (A) - 2005
Center Apotheke, Foto: Hertha Hurnaus
Center Apotheke, Foto: Hertha Hurnaus
4. Dezember 2005 - Az W
Vorbei an unzähligen Kojen, im raschen Abschreiten erfasst das Auge ein Innenleben nach dem anderen – so simpel und seriell funktioniert das Modell Shopping Center. Statt die Verkaufsfläche hinter einer „Schwelle“ anzuordnen, saugt die Center Apotheke ihre Kunden und Kundinnen regelrecht ein. Die Mallfläche wird in die Apotheke gestülpt, die asymmetrisch organische Form des Grundrisses – durch rundumlaufende Regalelemente begrenzt – orientiert sich dabei an der Hauptrichtung der Kundenströme. Als Metapher eines Apothekerkittels sind die Fronten mit weißem Kunstleder gepolstert, erst horizontale Schlitze offenbaren wie in Taschen die Produkte, die in den hinterleuchteten Nischen inszeniert zur Geltung kommen. Nur wenigen Artikeln wird die Hauptrolle als Teaser gegenüber der Kundschaft zugestanden, denn die knappen Platzverhältnisse zwingen zum Einsparen wertvollen Raumes. Das eigentliche Herz der Apotheke befindet sich daher hinter den Kulissen: Ein vollautomatisiertes Lager – schalltechnisch abgedichtet – ist mit der Kassa vernetzt, auf Knopfdruck erkennt ein Greifarm seinen Auftrag, zischt los, greift sowohl mechanisch als auch per Luftsog nach dem gewünschten Medikament und liefert es im Handumdrehen beim Auswurf ab, bis es am unteren Ende einer Niro-Rutsche schließlich am Ziel angekommen ist. Damit die Passanten im Mall-Bereich von den hochtechnischen Heinzelmännchen auch etwas bemerken, ist das Medikamentenlager Teil der Auslage – mit einer plattgedrückten Nase an der Scheibe kann die Neugier jederzeit gestillt werden.

Doch die Logistik des Apothekenbetriebes waltet auch dort, wo es von außen nicht mehr einsehbar ist. Jeder Quadratzentimeter und jede Minute des Arbeitsprozesses ist minutiös genutzt, von der Anlieferung bis hin zur automatischen Sortieranlage ist nichts zum Zufall überlassen. Mehr noch wurden bereits alle Maßnahmen getroffen, um den Nachtdienst eines Tages durch das so genannte und unbemannte Vis-à-Via-System zu ersetzen. Der nächtliche Kunde wird dann über Bild und Ton mit dem diensthabenden Apotheker kommunizieren, dieser kann per Befehl – auch von zu Hause aus – dem Lager das ersehnte Medikament entlocken, in wenigen Sekunden öffnet sich in der Fassade ein kleines Ausgabefenster und das Aspirinschachterl rutscht in die Nacht hinaus. (Text: Architekten)

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Elfriede Nakel
Werner Karner

Tragwerksplanung

Fotografie