Bauwerk

Polizeisportanlage
Martin Treberspurg - Wien (A) - 2001
Polizeisportanlage, Foto: Richard Fritze

Mit Ökologie und Schießstand

Mächtig, aber ruhig liegt es am Wasser: das neue Klubhaus, das MartinTreberspurg für den Wiener Polizeisportverein errichtet hat - ein Stück ökologischer Funktionalismus an der Alten Donau

26. August 2000 - Judith Eiblmayr
Es ist zirka 130 Jahre her, daß in Wien die kaiserlichen Schiffmühlen am rechten Ufer der Donau in Betrieb waren und etwas flußabwärts die Dampfschiffe der Donaudampfschiffahrtsgesellschaft anlegten. Der Donaustrom floß noch in seinem alten Bett, die „Colonie Kaisermühlen“ war mit den Praterauen verbunden und gehörte zum zweiten Wiener Gemeindebezirk. Erst durch die Donauregulierung (1870 bis 1875) wurde Kaisermühlen zu einem Teil Transdanubiens und durch seine exponierte Lage zwischen Altarm, neuem Donaubett und Kaiserwasser ein interessanter Standpunkt für die wasserintensive Industrie wie Färbereien und Wäschereien oder für die Eisgewinnung. Dementsprechend wurde Kaisermühlen in der Gründerzeit als Rasterviertel mit Fabriken und Wohnhäusern, ergänzt durch Kirche und Schule, angelegt.

Wie in dem kürzlich bei Bohmann erschienenen, von Gernot Ladinig herausgegebenen Buch „Die Alte Donau“ anschaulich beschrieben ist, nahm gleichzeitig die hohe Wiener Bäderkultur ebendort ihren Ausgangspunkt. Im Jahre 1907 wurde das Gänsehäufel, das um die Jahrhundertwende auf Initiative des legendären Florian Berndl gegründet worden war, zum ersten Strand-Großbad in Europa. Diese Tradition wurde im Roten Wien der Zwischenkriegszeit mustergültig fortgesetzt, indem entlang der Alten Donau mehrere Bäder errichtet wurden, betrieben von den Kultur- und Sportvereinen einzelner Berufssparten oder Firmen. Seit damals befinden sich zum Beispiel auf dem Dampfschiffhaufen, einer Halbinsel südlich des Gänsehäufels, wo einst die Donaudampfer anlegten, unter anderen das Straßenbahner-, das E-Werk- oder das Siemens-Bad und an seinem nordwestlichen Ende das Polizeisportbad. Der sogenannte Polizeisteg bindet den Dampfschiffhaufen für Fußgänger und Radfahrer an Kaisermühlen an.

Der Polizeisportverein betreibt nicht nur das Strandbad mit Öffentlichkeitsrecht, sondern auch eine große Sportanlage, die für Wettkämpfe und die Ausbildung von Polizisten benötigt wird. Da die zugehörigen Hütten für Garderoben und Klubräume, die seit dem Zweiten Weltkrieg sukzessive im Eigenbau errichtet worden waren, baulich und funktional nicht mehr entsprachen, entschloß man sich, diese abzureißen und durch ein durchdachtes Stück Architektur ersetzen zu lassen. Man entschied sich für den Wiener Architekten Martin Treberspurg, der für seine ökologieorientierten Konzepte bekannt und mit dem Bauen in den Donauauen bereits vertraut war. Von ihm stammt in Zusammenarbeit mit Georg Reinberg und Erich Raith die Planung für eine der ersten genossenschaftlichen Reihenhaussiedlungen, die nach ökologischen Gesichtspunkten, jedoch im finanziellen Rahmen der Wohnbauförderung in Stadlau errichtet wurde. Treberspurg wurde seitens des Projektbetreibers, der Bundesimmobiliengesellschaft, vertraut, gemeinsam mit Richard Fritze (Statik und örtliche Bauleitung) für den Polizeisportverein ein modernes, jedoch auf die vorhandene Baukultur bezogenes Bauwerk zu entwickeln. Er tat dies - selbstverständlich - mit einem Holzbau: Der zweigeschoßige Baukörper ist in Holzleimbinderkonstruktion mit gedämmten Paneelen errichtet und mit einer Stülpschalung aus unbehandeltem Lärchenholz versehen. Er steht zwischen Alter Donau und der Längsseite des Fußballfeldes - an derselben Stelle wie das alte Gebäude. Das einzige, was von diesem erhalten blieb, ist eine vor kurzer Zeit erneuerte Kegelbahn, die frisch überbaut wurde.

Um dem 70 Meter langen Gebäude Leichtigkeit zu verleihen, ist es direkt an die Wasserkante gesetzt, kragt drei Meter aus und wirkt dadurch wie über dem Wasser schwebend. Gleichzeitig wird, vom anderen Ufer aus betrachtet, die Assoziation zu einem Schiff geweckt, das mächtig, aber ruhig am Wasser liegt. Der Baukörper mit seiner Nutzfläche von rund 1600 Quadratmetern ist in drei Längsabschnitte gegliedert, wodurch ihm die Länge genommen wird. Eine mittige, breite Loggia auf beiden Etagen, die durch eine Stiege verbunden sind, erzeugt Durchlässigkeit für Blick und Wind und bildet gleichzeitig den zentralen, überdachten Außenraum. Von hier aus besteht über eine Treppenanlage der direkte Zugang zum Wasser; außerdem werden die zwei unterschiedlich genutzten Bauteile erschlossen. Im Südtrakt befinden sich Mannschaftsräume, Büros und der Raum des Platzsprechers, im Nordtrakt die Kantine und Schulungsräume. Jeder Trakt verfügt im ersten Obergeschoß über je einen Laubengang, der hie über dem Wasser liegt und da auch als Zuschauergalerie bei einem Fußballspiel dienen kann. Am oberen Ende des Gebäudes befindet sich die Kegelbahn, die man mit einer tischartigen Konstruktion aus Stahlbeton überbaut hat, um im oberen Geschoß einen geschlossenen Schießstand unterbringen zu können.

Das Haus, das auch im Winterbetrieb bestehen muß, funktioniert durch die Bauweise und die großen Fensteröffnungen nach Südwesten als Niedrigenergiehaus. Die Speisung von Heizung und Warmwasser aus Sonnenenergie ist zwar vorbereitet, die Sonnenkollektoren fielen allerdings der „Kostendeckelung“ des Bundes zum Opfer.

Nicht gespart wurde bei der Dachkonstruktion, einem flach geneigten Alu-KalZip-Dach, das nicht über eine herkömmliche Hinterlüftung, sondern über eine Zwangsentlüftung des Dachraumes verfügt: Ein Hauch genügt, um ein Windrad auf der Dachhaut in Bewegung zu setzen, das wiederum einen Ventilator zur Absaugung der Warmluft unter dem Dach betreibt.
Seit die Kleingärten rund um die Alte Donau für ganzjähriges Wohnen genehmigt und teils im Eigentum vergeben sind, beginnt eine rege Bautätigkeit einzusetzen.

Dies hat einerseits eine große Menge an 08/15-Mansardendach-Kleinhäusern in Schönbrunnergelb oder Biedermeierblau, mit schmiedeeisernen Laternen dekoriert, zur Folge. Andrerseits entsteht auch eine Reihe von Häusern, die sehr sensibel auf die Kleinmaßstäblichkeit der Umgebung reagieren und durch die richtige Materialwahl und Orientierung eine Integration im gewachsenen Grünraum erreichen. Es ist beruhigend, zu sehen, daß in diesem heiklen Umfeld der Bund mit gutem Beispiel vorangeht und um eine anspruchsvolle Architektur bemüht ist. Das Klubhaus des Polizeisportvereins, das im Herbst fertiggestellt sein wird, wurde in bester Tradition dieses Haustypus geplant und errichtet. Trotz seiner Größe ist dieses Gebäude im übertragenen Sinne kein trötendes Dampfschiff, sondern vielmehr ein ruhendes Flaggschiff eines ökologischen Funktionalismus, wie er an dieser (Anlege-)Stelle nicht besser passen könnte.

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