Bauwerk

Kabelwerk - Bauteil B
pool Architektur - Wien (A) - 2006
Kabelwerk - Bauteil B, Foto: Hertha Hurnaus
Kabelwerk - Bauteil B, Foto: Hertha Hurnaus
7. Januar 2007 - Az W
Nachdem Ende 1997 einer der bedeutendsten Industriebetriebe Wiens, die „Kabel- und Drahtwerke Aktiengesellschaft“ (KDAG) in Meidling nach rund 100 Werksjahren endgültig stillgelegt wurde, verwandelte sich das mehr als 8 Hektar große Areal - in unmittelbarer Nachbarschaft der Siedlung Hoffingergasse (Josef Frank/Erich Faber, 1912) sowie der Wohnhausanlage Am Schöpfwerk (Federführung Viktor Hufnagl, 1967-80) - mit einem Schlag in eine unbelebte Brache.

Um die entstandene Identifikationslücke nicht einfach mit profitorientierter Bauwut zu schließen, wurde bereits 1996 ein Millenniumsworkshop abgehalten, wo vor allem auch die Anrainer in die Überlegungen über eine künftige Nutzung einbezogen werden sollten. 1998 folgte ein Bürgerbeteiligungsverfahren mit angeschlossenem städtebaulichen Ideenwettbewerb, aus dem Rainer Pirker und The Poor Boys Enterprise mit einem konzeptuellen Strategieplan als Sieger hervorgingen. Parallel zur Ausarbeitung eines konkreten Bebauungsplans auf Basis der in zahlreichen Workshops erarbeiteten Zielvorstellungen, wurde das Gelände seit 1999 für zahlreiche künstlerische, medial wirksame und subkultuelle Aktivitäten genutzt. Diese Zwischennutzungen trugen dazu bei, dass die KDAG Gründe in der mehrjährigen Projektgenese nicht von Bildfläche kultureller Wahrnehmung verschwanden.

2002 wurde schließlich die Architektengruppe Kabelwerk gebildet (Hermann & Velantiny, Mascha & Seethaler, pool, Schwalm-Theiss & Gressenbauer, Martin Wurnig und Branimir Kljajic, Werkstatt Wien mit Markus Spiegelfeld, Holnsteiner & Co.) und auf der Grundlage des von Rainer Pirker und Florian Haydn entwickelten Bebauungsplans mit dem Entwurf einzelner Bauteile beauftragt, seit 2003 laufen die Errichtungsarbeiten, zwischenzeitlich wurde das Projekt mit dem Otto Wagner Städtebaupreis 2004 ausgezeichnet.

Nach und nach nehmen die Bauteile Gestalt an, entfaltet sich die typologische Bandbreite des geförderten Wohnbaus in ihrer ganzen Pracht. Was im städtebaulichen Layout noch eine gewisse Unruhe ausstrahlt (Stichwort „fraktaler Städtebau“), harmonisiert sich in der baulichen Umsetzung Zug um Zug. Und wiewohl in dieser von vielen Händen geschnürten dichten Packung qualitative Unterschiede nicht ausbleiben, scheint das Konzept der heterogenen Bebauung aufzugehen. Der hier thematisierte Bauteil B von pool zählt gewiss zu den in seiner äußeren Erscheinung zurückhaltendsten Beispielen im bunten Gefüge, trägt in einer Art ehrlichen Serialität der Wirklichkeit des geförderten Wohnbaus Rechnung. Und dennoch gelang es, etwa durch geschickte Ausnutzung des Geländegefälles, einen überaus großzügigen Erdgeschoss- und Erschließungsbereich freizuspielen. Der in seinen Dimensionen gewaltige Fahrradkeller erfreut jedenfalls in vielerlei Hinsicht. Auch das Thema Mittelflur ist hier in den Wohngeschossen durch versetzte Lichtbuchten gut gelöst, in der homogenen dezenten Farbgebung wird das Gewöhnliche eines Ganges nobilitiert. Dass die Architekten dem Kostendruck in allen Punkten standgehalten haben, wird nicht zuletzt in den großzügig geschnittenen Wohnungen bzw. Fensterflächen ersichtlich. (Text: Gabriele Kaiser)




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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at