Bauwerk

Kingsdale School – Music and Sports Buildings
dRMM - London (GB) - 2006
Kingsdale School – Music and Sports Buildings, Foto: dRMM de Rijke Marsh Morgan Ltd Architects
Kingsdale School – Music and Sports Buildings, Foto: dRMM de Rijke Marsh Morgan Ltd Architects

Gut verzogen

15. September 2008 - Elke Krasny
»Ungewöhnliche Gebäude aus ganz gewöhnlichen Materialien«, so beschreibt Alex de Rijke die Devise des zwanzigköpfigen Londoner Architekturbüros drmm – de Rijke Marsh Morgan Architects –, die auch bei einem ihrer jüngsten Projekte, der Kingsdale School in London, zum Tragen kommt.

Holz hat bei öffentlichen Bauten in Großbritannien keinerlei Tradition. Gerade deshalb verstehen drmm die zwei Gebäudeteile der Kingsdale School – das Musikgebäude und das Sportgebäude – als Demonstrationsprojekte für einen neuen Materialstandard im Schulbau. Holzmassivbauweise wollten drmm verwenden und damit den Beweis erbringen, dass Nachhaltigkeit und Ästhetik einander in keiner Weise ausschließen müssen. »Normalerweise«, so Alex de Rijke, »sind Sportbauten für Schulen langweilige und blinde Boxen aus Stahl ohne gutes Tageslicht«. Dass es auch ganz anders gehen kann, zeigt das von ihnen erzielte Ergebnis. Brettsperrholz ist, wie de Rijke betont, eigentlich kein neues Material, aber in Großbritannien wurde es für Schulbauten bis dato noch nie eingesetzt. drmm verstehen sich daher nicht so sehr als Erfinder, als vielmehr als frühe Verwender, eben als Pioniere des Materials. Für ihren Entwurfsprozess ist die kontinuierliche Recherche nach neuen Materialien ausschlaggebend. Im Fall der Kingsdale School spricht Alex de Rijke von einer »arrangierten Ehe«. Die Suche nach dem richtigen Material beginnt nämlich nicht mit dem Auftrag für ein neues Projekt, sondern umgekehrt: Ein bestimmtes Material ist drmm durch ihre ständigen Recherchen in seinen Qualitäten und Potenzialen bekannt und wartet darauf, dass ein geeigneter Auftrag kommt.

Für das Kingsdale School-Projekt wurde Brettsperrholz in großem Maßstab eingesetzt und »bis an seine Grenzen getrieben«. Das Music Department ist eine einfache Schachtel mit perforierter Oberfläche. Das Sportgebäude hingegen zeichnet sich durch sein Dach in Form eines hyperbolischen Paraboloids aus, dessen Erzeugende mittels Leimbindern hergestellt wurden. Auf ihnen wurden Brettsperrholzplatten befestigt, die dünn genug sind, um sie in die gewünschte Krümmung zu zwingen.

Die gesamte Konstruktion ruht auf 2,95 mal 13,5 Meter großen Wandelementen aus Brettsperrholz mit einer maximalen Höhe von 14 Metern. Der Holzwerkstoff ist zugleich die fertige Sichtoberfläche im Inneren der beiden Gebäudeteile, die Außenfassade besteht aus teilweise perforierten Stahlblechprofilen.

Projektingenieure waren Michael Hadi Associates. Mit ihnen arbeiteten drmm ebenso eng bei Materialtests und Computer- wie physisch gebauten Modellen zusammen wie mit dem steirischen Brettsperrholzhersteller selbst. Die eingesetzten großen Plattenformate entsprachen auch dem Wunsch, nachhaltiges Bewusstsein bereits in den Fertigungsprozess zu integrieren und Schnittabfall zu minimieren. Während de Rijke die Konstruktion des Sportgebäudes als relativ »straightforward« bezeichnet, verhält es sich beim Musikgebäude vollkommen anders. Hier wurden alle Räume konstruktiv voneinander getrennt, um jegliche Klangübertragung zu vermeiden. Auf mechanische Ventilation wurde verzichtet und stattdessen – ausgehend von kleinen Perforationen in der Gebäudehülle – ein ausgeklügelt simples, natürliches Belüftungssystem installiert. »Immer noch muss man Auftraggeber vom Holz überzeugen«, so de Rijke, »obwohl Holz das einzige Baumaterial ist, das einen Beitrag zur CO2 -Reduktion leistet«. Nur wegen des Geldes nehmen drmm Aufträge nicht an, es geht um mehr: um die Herausforderung, wirklich Interessantes entwickeln zu können, um ökologische Qualität, sozialen Anspruch und avancierte, materialbasierte Ästhetik. Im britischen Pavillon auf der heurigen Architektur-Biennale in Venedig, in den drmm von Kurator Ellis Woodman eingeladen wurden, kann man sich von diesem Anspruch ein Bild machen.

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Für den Beitrag verantwortlich: zuschnitt

Ansprechpartner:in für diese Seite: Kurt Zweifelzweifel[at]proholz.at

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