Bauwerk

Amtsgebäude - Fassadengestaltung
rainer pirker ARCHItexture - Wien (A)

Nachruf 2

18. Juni 2005 - Christian Kühn
Die Bundesamtsgebäude in der Wiener Zollamtsstraße sind charakteristische Beispiele für die Bürokratenarchitektur der 1970er-Jahre, als man den gesetzlichen Auftrag, zweckmäßig und sparsam zu bauen, mit monofunktional und billig verwechselte. Das Ergebnis sind Bauten, die sich an neue Anforderungen nur mit Mühe anpassen lassen, technische Mängel aufweisen und an heutigen Standards gemessen unmoralisch viel Energie verbrauchen. Einen gewissen typologischen Charme besitzen die beiden kreuzförmig angelegten Türme, in deren Zentrum je zwei Paternosterlifte den Aktenlauf befördern, dennoch. Geradezu nobel wirken diese Amtsplanungen im Vergleich zu späteren Ausblühungen wie das unmittelbar benachbarte Bundesamtsgebäude Peter Czernins mit seiner abstrus-ordinären und im Übrigen sündteuren Fassade. Für die Eigentümer sind solche Bauten jedenfalls ein Alptraum: Zu Marktpreisen lässt sich derartige Qualität heute nicht mehr vermieten, eine angemessene Instandsetzung ist kaum zu finanzieren. Zumindest ein neues Image wollte man den Türmen an der Zollamtsstraße mit einer Fassadensanierung geben, nachdem sich einige Fassadenelemente bedrohlich aufzulösen begannen. Ein Wettbewerb im Jahr 2002 erbrachte als Siegerprojekt eine Einkleidung des Bestandes in eine Glashülle, die abwechselnd nach innen oder nach außen um wenige Grade gefaltet ist. Die Knicklinie umläuft das Gebäude in einer kontinuierlichen Auf-und-Ab-Bewegung, bei der sich geometrische Situationen in einem regelmäßigen Muster wiederholen. Durch diese Faltung wird die neue Fassade zu einer selbstständigen Figur, die sich deutlich vom repetitiven, auf einem orthogonalen Raster aufgebauten Bestand abhebt und diesen wirkungsvoll konterkariert. Die Bundesimmobiliengesellschaft, die das Objekt während des Wettbewerbes aus dem Eigentum der Republik übernahm, hatte am Projekt von Rainer Pirker und den Konsulenten Oskar Graf, Peter Maydl und Walter Prause allerdings wenig Freude. Schon eine grobe Kalkulation ergab, dass sich die Sanierung mit der aufwändigen Glashülle nie rechnen würde, es sei denn, die Republik wäre bereit, das Geld, das sie in den 1970er-Jahren der Architektur vorenthalten hatte, nun doch auszugeben – angesichts budgetärer Beschränkung aufs Nötigste eine hoffnungslose Erwartung. Und so drehte das Projekt noch ein paar Ehrenrunden durch die Vergabeinstanzen, bis es schließlich still begraben wurde. Der Auftrag für die Reparatur der Fassade ist derweil vergeben, am ärmlichen Erscheinungsbild wird sich kaum etwas ändern. Für die Wettbewerbssieger, die sich mit der BIG über die Honorarforderungen nicht einig werden konnten, endet die Reise voraussichtlich dort, wo heute oft genug die Endstation einer architektonischen Ambition zu finden ist: vor Gericht. Nach Drucklegung wurde im konkreten Fall eine außergerichtliche Einigung zwischen BIG und den Architekten erzielt.

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Für den Beitrag verantwortlich: UmBau

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