Bauwerk

Niederösterreichische Landesausstellung 2011
PLANET architects - Hainburg an der Donau (A) - 2011
Niederösterreichische Landesausstellung 2011, Foto: Klaus Pichler
Niederösterreichische Landesausstellung 2011, Foto: Klaus Pichler

Gestaltungskonzept „Landschaft der Entdeckungen“

4. Oktober 2011 - Az W
Einer der Schauplätze der niederösterreichischen Landesausstellung 2011 ist die ehemalige k&k Tabakfabrik von Hainburg, ein beeindruckendes Beispiel früher Industriearchitektur.
Die Anforderungen an das Gestaltungskonzept waren einerseits die räumliche Qualität der Tabakfabrik spürbar zu machen, andererseits die heterogenen Ausstellungsthemen in den Räumen unter Rücksichtnahme auf lange Zeitepochen und große Themensprünge sowie auf kleine Exponate und Objektensembles, die Nähe und konzentrierte Betrachtung erfordern zu bündeln.

Die daraus entstandene Idee einer „Ausstellungslandschaft“ bespielt die bestehenden Räume mit weitläufigen Höhenzügen und Tälern, kleinteiligen Strukturen, Konturen und Erhebungen. Raumbereiche fließen ineinander, Durchblicke und Raumgrößen bleiben aufgrund der niedrigen Einbauhöhen erhalten. In beiden Geschoßen folgt das Landschaftskonzept dem Prinzip der Überraschung und dem Spiel mit dem Verborgenen und Unbekannten.

Im oberen Geschoss liegen die Themenbereiche geografisch und zeitlich weit auseinander. Völker und Heere durchwandern im Laufe von Jahrhunderten große Landstriche und bilden neue Kulturen aus. Der Raum ist durch Falten gegliedert, einzelne Spezialthemen, wie etwa der Bergbau, werden durch Raum-im-Raum-Situationen speziell eingefasst.

Im unteren Geschoss liegen die Themenbereiche inhaltlich und zeitlich näher beisammen; dazu gehören Forschungsreisen und Expeditionen, von denen Ausrüstungsgegenstände, Dokumente und Fundstücke wie Tierpräparate, Steine und Pflanzen erhalten sind. Gemäß der unterschiedlichen Arbeitsweisen der Forscher und Wissenschaftler wird die individuelle Charakteristik berücksichtigt, die Ausstellungslandschaft ist hier kleinteiliger und besteht aus den Elementen „Insel“, „Ausblick“ und „Forschertisch“.

In der Mitte des Untergeschoßes erstreckt sich der Forschertisch als dominierender Bestandteil der Ausstellungsgestaltung. Dieser strukturiert die Formenlandschaft der Architektur, ist ein Wegweiser, der den Ausstellungsrundgang vorgibt und die Arbeitsfläche von Expeditionsreisenden, die auf Tischen das jeweils Gesammelte auflegten, reinigten, untersuchten, inventarisierten und beschrieben, symbolisiert. Auch wichtige Entscheidungen hinsichtlich Routen und Ziele wurden über Tischen getroffen, auf denen man Landkarten und Navigationsdaten ausbreiten konnte. Wesentliche Meilensteine des etwa 28 m langen Möbels sind historische Globen, die die Entwicklungsfortschritte der Kartografie und somit das jeweilige Weltbild einer Epoche seit der frühen Neuzeit aufzeigen. Der Forschertisch animiert alle Altersgruppen von Ausstellungsbesucher:innen, anhand der interaktiven Stationen, Medienpräsentationen und klassischen Exponate zu studieren und zu experimentieren.

Um die Raumlandschaft zu realisieren, arbeiteten wir mit einer neuen Planungssoftware. Im Rahmen einer Forschungskooperation wurde von der Firma feasible geometry consulting ( Martin Reis, Heinz Schmiedhofer) ein Softwaretool für dreidimensionales, parametrisches Modellieren entwickelt. Mit dieser Software lässt sich ein durchgängiger 3-D-Planungsprozess aufbauen, der von ersten Überlegungen bis zur Detailplanung und schließlich zur Datenübergabe an den ausführenden Tischler reicht. Das Tool erlaubt maximale Flexibilität bei der Gestaltung und Variation der Ausstellungsarchitektur und ist selbst Ergebnis eines Forschungsprozesses. (Text: Gerhard Abel, redaktionell gekürzt)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

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