Bauwerk

Life Cycle Tower
Hermann Kaufmann - Dornbirn (A) - 2012
Life Cycle Tower © Hermann Kaufmann
Life Cycle Tower, Pressebild: Norman Radon

Der Schlüssel zum Hochhaus

Seit Jahren beschäftigt sich die Rhomberg Gruppe damit, wie der Einsatz von Ressourcen und Energie bei der Errichtung eines Gebäudes und über dessen gesamten Lebenszyklus hinweg reduziert werden kann. Sie initiierte ein Forschungsprojekt zur Nachhaltigkeit im urbanen Städtebau und gründete Cree. Creative Resource & Energy Efficiency.

15. März 2012 - Martina Pfeifer Steiner
Im ersten Teil des Forschungsprozesses arbeiteten internationale Wissensführer aus Architektur, Statik, Bauphysik, Gebäudetechnik und Prozessmanagement zusammen und prüften, wie hoch in Holz gebaut werden kann. Das Ergebnis der Studie war ein bis zu zwanzig Stockwerke hohes Holzhybridhaus, das nur 822 Tonnen CO2 im Laufe seines Bestehens verbraucht – im Gegensatz zu 10.375 Tonnen eines konventionellen Hochhauses. Architekt Hermann Kaufmann wurde ins Boot geholt und damit beauftragt, für das Holzhochhaus ein baureifes System zu entwickeln. Mit dem Prüfnachweis (nach DIN EN 13501) des Feuerwiderstandes REI 90 der Holzverbundhybriddecke wurde eine wichtige Voraussetzung der Brandschutzbehörde erfüllt und ein wichtiger Schritt in Richtung Realisierung getan. Dazu wurden in Tschechien mehrere Holz-Beton-Verbundelemente von 2,7 Metern – entspricht dem Fassadenraster – mal 8,1 Metern – die mögliche Raumtiefe – einem Brandversuch unterzogen.

Der Life Cycle Tower One wird derzeit in Dornbirn als Prototyp mit acht Stockwerken gebaut – der massive Betonkern mit Stiegenhaus und Lift steht bereits. Die Holz-Beton-Verbundrippendecke ist der eigentliche Schlüssel, um in die Höhe zu bauen, da es mit ihr gelingt, die jeweiligen Geschosse durch eine nicht brennbare Schicht konsequent zu trennen. In eine Stahlschalung von 8,1 mal 2,7 Metern werden die Holzbalken eingelegt, die Abstände dazwischen geschalt und im Vergussverfahren betoniert. Durch den hohen Vorfertigungsgrad vereinfacht sich der Bauablauf wesentlich. Die Deckenelemente können industriell viel präziser gearbeitet werden, es gibt keine Aushärtungszeiten auf der Baustelle und für die Verlegung eines Deckenelements geben die Handwerker ganze 5 Minuten an.

Der Schubverbund zwischen Beton und Leimbinder wird nicht mittels komplizierter Verbinder, sondern über Schrauben und Schubkerven hergestellt. Ein Sturzträger aus Beton trägt weiters statisch wesentlich zur Durchleitung der enormen Kräfte aus den Fassadenstützen bei. Das Hirnholz der Doppelstützen steht direkt auf dem Beton, der verbindende Dorn wird auf der Baustelle im Fertigteil eingegossen. Dieser Sturzträger ermöglicht die brandschutztechnisch notwendige geschossweise Trennung der Konstruktion auch in der Stützenebene und eine Einleitung der Lasten aus der Decke in die Stütze, ohne einen Holzbauteil quer zur Faser zu belasten. Dem Kräfteverlauf folgend, werden die Stützen den tatsächlichen statischen Erfordernissen entsprechend konfektioniert.

Da bei einem Hochhaus bis zu ein Drittel der Kosten für die Fassade aufgewendet wird, birgt die geringe Konstruktionshöhe der hbv-Decke einen entscheidenden ökonomischen Vorteil. Der durch die Konstruktion statisch nicht benötigte Raum seitlich zwischen den Leimbindern wird für die Unterbringung der Installationsmodule wie Beleuchtung, Lüftung, Heizung, Kühlung und Sprinkler genutzt. Sie sind vorgefertigt und werden einfach zwischen die Leimbinder gehängt. Dies bringt wiederum mit den stützen- und wandfreien Räumen die geforderte Flexibilität und Nachhaltigkeit in Bezug auf sich ändernde Nutzungen mit sich.

In den Innenräumen bleibt die Tragwerkskonstruktion aus Holz sicht- und erlebbar. Als Außenhaut wurde eine regelmäßige Aluminium-Fassade um das stringente Systembauwerk gewählt. Der Prototyp wird als Büro genutzt. Fortsetzung folgt. Hermann Kaufmann hat zusammen mit Cree schon den nächsten Auftrag in Arbeit. Im Montafon entsteht für die Vorarlberger Illwerke ein fünfgeschossiges, aus Holz gefertigtes Bürogebäude – ebenfalls als Holzhybridbau. Mit einer Gesamtfläche von 10.400 m² ist es eines der größten in Europa.

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Für den Beitrag verantwortlich: zuschnitt

Ansprechpartner:in für diese Seite: Kurt Zweifelzweifel[at]proholz.at