Bauwerk

Gemeindekulturzentrum St. Nikolaus
parc architekten - Ischgl (A) - 2013
Gemeindekulturzentrum St. Nikolaus, Foto: Karl Heinz
Gemeindekulturzentrum St. Nikolaus, Foto: Karl Heinz

Anerkennung des Landes Tirol für Neues Bauen 2014

9. Oktober 2014 - aut. architektur und tirol
Fährt man durch Nordtirol, stellt sich oft die Frage, wie und ob man überhaupt auf die stilistisch heterogene und jeglichen historischen Maßstab ignorierende Tourismusarchitektur reagieren kann. Die Konzeption des Kulturzentrums St. Nikolaus in Ischgl bietet architektonisch und funktionell Lösungsansätze und Antworten auf diese Frage, und zwar in städtebaulich-außenräumlicher und sozial-funktionaler Hinsicht.

Der ehemalige Dorfanger zwischen altem und neuem Widum wurde als Dachfläche des Kulturzentrums wiederhergestellt: als öffentlich begehbare Wiesenfläche mit verstreuten neuen Baukörpern, die maßstäblich der früheren Dorfstruktur entsprechen. Der Großteil der Räume liegt unter Terrain – sie werden von oben und vom Veranstaltungsplatz aus natürlich belichtet. Die Räume im alten Widum wurden renoviert bzw. restauriert und werden als Bibliothek, Archiv und Proberaum mitgenutzt. Das „Unter-die-Erde-Gehen“ hat etwas von „Sich-Zurückziehen“ bzw. „Verstecken“ vor dem „Wahnsinn draußen“ an sich. Diese Maßnahme schafft aber auch jene Privatheit, die die Einheimischen nicht nur in der Hauptsaison brauchen.

Über den zur Kirche orientierten Vorplatz, eingerahmt von einer Sitzstufenlandschaft und dem überdachten Bühnenbereich, gelangt man in das langgestreckte helle Foyer. Im Proberaum der Musikkapelle können einige der Holz-Akustik-Elemente je nach Lichtbedarf verstellt werden – ein schönes Beispiel für die feine Detaillierung und den wohlüberlegten Einsatz der Oberflächenmaterialien Holz, Sichtbeton und Stahl.

Es ist zu hoffen, dass dieses Gebäude lokal einen architektonischen Anstoß gibt, zukünftige Tourismusgebäude „anders“ zu bauen. Auf jeden Fall beweist es, dass Reminiszenz an die frühere Dorfstruktur und Maßstäblichkeit sowie Identifikation der Dorfgemeinschaft auch mit einer Architektur vermittelt werden können, die ohne „Pseudo-Alpenklischees“ auskommt. (Jurytext: Susanne Fritzer, Auszeichnungen des Landes Tirol für Neues Bauen 2014)

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Für den Beitrag verantwortlich: aut. architektur und tirol

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