Bauwerk

Wohnhaussanierung in der Hockegasse
Bogenfeld Architektur - Wien (A)
Wohnhaussanierung in der Hockegasse, Pressebild: Kurt Hörbst

Staatspreis Architektur & Nachhaltigkeit 2014

Vorbildliche Erneuerung eines schlichten alten Stadthauses im dichtbebauten Teil von Wien Währing.

12. November 2014 - newroom
Wir sind am inneren Rand von Wien Währing, zum Türkenschanzpark sind es nur 200 Meter, zur Oper fünf Kilometer Luftlinie. „Zur Oper könnten wir zu Fuß gehen, wir fahren aber schneller mit der Straßenbahn, – und das war exakt einer unserer Beweggründe, dieses alte Haus zu kaufen und zu revitalisieren“, erläutert der junge Hausherr. Er steht unter dem eben aufgegangenen Tor, das üblicherweise in solchen Bauten im Sockel die Auto-Garage zum Gehsteig oder Vorgarten verschließt, und lässt die überraschte Jury in den zum Kinderwagen-, Garderobeplatz und Haupteingang umgestalteten Raum eintreten. „Wir brauchen hier keinen PKW, wir wollten bewusst mit der Familie in der Stadt bleiben und suchten genau das, was Kurt Tucholsky so treffend als Traumund Sehnsuchtsort beschrieb: „Was die Leute wollen, ist ein Einfamilienhaus am Kurfürstendamm und hinterm Garten die Zugspitze.„“

Wir gehen am Fahrradplatz, an Stellagen vorbei einige Stufen weiter hinauf, wo sich im Erdgeschoß die große Wohnebene in ganzer Breite zu einem zauberhaften Garten öffnet, der da drei Meter über Straßenniveau nach Süden anschließt. Am Rand der breiten Terrasse erhebt sich eine riesige, alte Magnolie – im Sommer ein herrlicher Schattenspender für die neue Glasfront des Wohnbereichs.

„Das Haus stammt aus den 1920er Jahren, wurde mehrmals umgebaut, aufgestockt, überhaupt nichts Besonderes, eher ein „hässliches Entlein“. Noch dazu gab es im 2. Stock, der obersten Etage, ein Eigentumsrecht, das wir beim Kauf mitberücksichtigen mussten. Aber die Architektin bestärkte unser Gespür, dass da ein ideales Potenzial drinnen steckt.“ Der Lokalaugenschein im frisch bezogenen Interieur bestätigt es eindrucksvoll: Das alte Stiegenhaus blieb bestehen und dient weiter dem separaten Zugang zum 2. Stock. An der anderen Feuermauer kam eine neue Treppe hinzu, die nun das neue Domizil vom Eingang bis zum 1. Stock aufschließt. So gibt es auch langfristig die Option für verschiedene Nutzungsmöglichkeiten, Wohnungsteilungen und Wohnungsgrößen. Schon jetzt sind auf allen Ebenen Küchenanschlüsse vorgesehen.

Über die energetische Sanierung hinaus zeigt der Umbau auch in ökologischer und baubiologischer Hinsicht exzellente gestalterische Qualitäten: Lehmputz, schadstofffreie Baustoffe, kein Silikon, Dämmungen mit Schafwolle und Hanf, viel sorgfältig verarbeitetes Holz, ein zentrales, von beiden Seiten nutzbares Heiz- und Kaminplatzelement. Das bestehende Mauerwerk wurde thermisch saniert: straßenseitig mit 14 cm Dämmung aus Mineralwolle (der Bau schließt direkt am Gehsteig an, daher die Begrenzung der Dämmstärke seitens der Stadt Wien) überzogen mit Kalkglimmerputz; gartenseitig 20 cm Mineralwolle. An die Nachbargebäude grenzende Bauteile wurden mit Schafwollklemmfilz innen gedämmt. Beide Decken wurden in Stahlbeton neu eingezogen und als Heiz-Kühlelemente konzipiert. Die Fenster sind an der Straße Kombination von einfachem, äußerem Kastenfenster mit innerer 3-Scheiben-Wärmeschutzverglasung in Holzprofilen erneuert, zum Garten als 3 Scheiben einer Wärmeschutzverglasung in Holz-Alu-Kombination. Ziel der neuen Haustechnik war es, sich einem Passivhaus so gut wie möglich anzunähern und die CO2-Emmission auf Null zu bringen. Die Abdeckung des Heizwärmebedarfs erfolgt primär durch Nutzung der solaren Einstrahlung und der inneren Speichermassen. Ergänzend wirkt eine thermische Solaranlage auf die aktivierten Bauteile als Fußbodenheizung.

In Schlechtwetterzeiten kann der Raumwärmebedarf alternativ auch über den Heizkamin abgedeckt werden; zusätzlich kann der Kamin überschüssige Wärme (rund 80 %) an den Solarpufferspeicher abgeben. Die kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung und Erdwärmetauscher senkt während der Heizperiode den Heizwärmebedarf und kühlt in der Sommerperiode die Speichermassen.

Fehlt eigentlich nur der Swimmingpool?! Nicht wirklich: Das schöne Schafbergbad liegt ja fast „um die Ecke“. (Jurytext: Otto Kapfinger / Staatspreis Architektur & Nachhaltigkeit 2014)

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Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Jutta Moll-Marwan
Daniel Marwan

Fotografie