Bauwerk

Werdendes Ruhrgebiet
Bernhard Denkinger - Essen (D) - 2015
Werdendes Ruhrgebiet, Foto: Deimel + Wittmar Architekturfotografie
Werdendes Ruhrgebiet, Foto: Deimel + Wittmar Architekturfotografie

Spätantike und Frühmittelalter an Rhein und Ruhr

28. April 2015 - newroom
Auf die strenge Struktur des Ausstellungsraums, der durch die Verbindung ehemaliger Kohlebunker zu einem dreischiffigen, kathedralenartigen Raum entstand, reagiert die Ausstellungs-Architektur mit Installationen die jeweils über mehrere Raumzellen reichen.
Flache Plattformen mit Vitrinen und Exponatträgern führen mäanderartig durch den Raum und ermöglichen eigene, von der Struktur der ehemaligen Kohlebunker gelöste Binnenräume.

Ein Raster aus Lichtpunkten zieht sich durch die gesamte Ausstellung. Das aus lasergeschnittenen, länglichen Schlitzen hinterleuchteter Stahlpaneele austretende Licht schafft ausgedehnte helle Zonen in dem aus konservatorischen Gründen abgedunkelten Raum.

Drei Rampen, auf denen archäologische Exponate aus der Frühzeit emporsteigen, bilden den Auftakt zur Ausstellung. Der Parcours führt spiralförmig von der rechten über die linke Raumseite in die Raummitte, wo die herausragendsten und wertvollsten Objekte der Ausstellung, die frühmittelalterlichen Exponate zu den Klöstern Werden und Essen, präsentiert werden.

Die beiden Raumhälften sind unterschiedlich strukturiert. Auf der rechten Seite, wo Objekte aus der Archäologie gezeigt werden, ist der Parcours als gewundener Weg ausgebildet. Für die häufig kleinen, fragmentarischen, jedoch lichttechnisch unempfindlicheren Exponate aus archäologischen Grabungsfunden wurden „introvertierte“, zur Umgebung abgegrenzte Betrachtungsbereiche geschaffen. Die Exponate sind in die Podestelemente eingesenkt oder ragen als hell ausgeleuchtete Objektgruppen in turmartigen Vitrinen aus den Podestflächen.

Auf der linken Raumseite werden frühmittelalterliche Objekte in einer streng geometrischen Struktur, auf langgestreckten, parallel geführten Podesten als Einzelstücke präsentiert. Winkelförmige Abzweigungen führen in die Raummitte, wo die ersten Handschriften aus der Region - in Einzelvitrinen aus Beständen des Ruhr Museums, auf gemeinsamen Plattformen gruppiert - gezeigt werden.

Speziell für dieses Projekt entworfene Buchleuchten ermöglichen eine gleichmäßige, detailgenaue Ausleuchtung der Handschriften, trotz sehr geringer Lichtstärken.

Als Referenz an den Ausstellungsraum, einem Industriedenkmal der „Neuen Sachlichkeit“ aus den späten zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts, wurden Raumteiler aus schwarz gefärbten Industrieketten entworfen, die den räumlichen Abschluss des Ausstellungsraums bilden und einzelne Stationen gegeneinander abgrenzen. Diese „Kettenvorhänge“ erinnern einerseits an die gewebten Kettenhemden, mit denen sich die mittelalterlichen Kämpfer zu schützen suchten, andererseits sind Ketten, als Bestandteile von Brücken, Schiffshebewerken und Förderanlagen, eng mit der Geschichte der frühen Industrie- und Verkehrsarchitektur verbunden.

Die Ausstellung stellt sehr hohe logistische und konservatorische Anforderungen an die Gestaltung. Die Versicherungssumme für die über 800 Exponate aus dem 3. bis 11. Jahrhundert, die aus archäologischen Funden, den erste Handschriften und Musikpartituren der Region und sehr seltenen Kirchschätzen bestehen, beträgt über 70 Millionen Euro. (Text: Bernhard Denkinger)

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