Bauwerk

Pavillon Stromkilometer 12,5
GERNER GERNER PLUS. - Wien (A) - 2015
Pavillon Stromkilometer 12,5, Foto: Rupert Steiner
Pavillon Stromkilometer 12,5, Foto: Rupert Steiner

Copa Cagrana

1. April 2016 - Az W
Die Neue Donau bildet als Entlastungsgerinne einen Teil des Hochwasserschutzkonzepts für Wien. Im Fall eines Hochwasserereignisses steigt der Wasserspiegel in der Neuen Donau und die Uferbereiche werden garantiert überflutet. Nach dem Hochwasser bleiben der Schlamm und die Aufräumarbeiten. Der Zyklus „Überflutung – Schaden beseitigen – Normalität – Überflutung – Schaden beseitigen ...“ prägte als Rahmenbedingung über lange Zeit den Umgang der Stadt Wien mit der Uferkante: Die Stadt als Akteur zog sich zurück und überließ den urbanen Naturraum einem bunten Mix aus Kiosken und vermeintlich provisorischen Lokalen. Parallel dazu entwickelte sich das Umfeld: die „Donau-City“ war im Laufe der Jahrzehnte immer näher an das Wasser herangewachsen, den aktuellen Schlusspunkt markiert der DC1 Tower von Dominique Perrault.

2015 entschied sich die Magistratsabteilung „Wiener Gewässer Management“ für einen Neustart. Das Lokal Stromkilometer 12,5 bildet den Startschuss für die Rundumerneuerung der Copa Cagrana. Es folgte ein Wettbewerb, „Masterplan CopaNEU“, den das Tiroler Architekturbüro LAAC Architekten für sich entscheiden konnte. Der gesamte Uferabschnitt am Fuß der Donau-City wird in den kommenden Jahren ein neues Gesicht erhalten.


Pavillon auf zwei Ebenen
Der Pavillon umfasst zwei Ebenen, von denen die obere auf der Wasserseite auskragt. Der Besucher betritt das Gebäude über die zentrale Terrasse und wird von hier aus zu den beiden seitlich situierten Gastronomie-Einrichtungen weitergeleitet. Die wasserseitigen Fronten der Restaurants bieten durch ihre großzügige Verglasung eine eindrucksvolle Panoramasicht auf die Neue Donau.

Die neue „Copa Cagrana – Stromkilometer 12,5“ verbindet mit ihren Durchblicken optisch die dahinter liegende Donau-City und das Wasser davor und leistet einen veritablen Spagat: Im Idealfall fühlt sich die Klientel der 5-Sterne-Hotels und Headquarter von der neuen Copa Cagrana ebenso angesprochen wie das Stammpublikum, welches die urigen Buden, die nun geräumt wurden, frequentiert hatte. Die obere Ebene ist für den Ganzjahresbetrieb vorgesehen, also auch bei Hochwasser und Kälte.

Die Stahlrahmenkonstruktion des Obergeschosses ist mit vorgefertigten Holztafel-Elementen und KHL-Platten ausgefacht und mit einer hinterlüfteten Schalung aus Lärchenholz umschlossen. Sägeraue Holzlamellen verkleiden die Haustechnikaufbauten am Dach. Der Holz-Leichtbau sitzt auf der Erdgeschosszone und bildet mit seinen filigranen Holzlamellen und Panoramafenstern einen starken Kontrast zum soliden Sockel, der allen Hochwasserereignissen trotzen muss.

Die Erdgeschoss-Ebene dient als schattiger, wettergeschützter Freiraum, erweitert durch die vorgelagerten Terrassen und mit direkter Verbindung zum Wasser. Die zu erwartenden Überflutungen wurden als Element des besonderen Standortes bewusst in das Gestaltungskonzept integriert. Die untere Ebene liegt über dem Wasserspiegel, wird aber bei Hochwasserereignissen geflutet. Der glatte Kubus ist weitgehend ohne Nischen und Fugen ausgebildet, um Aufräumarbeiten nach Hochwasserereignissen zusätzlich zu erleichtern. Die Konstruktion besteht aus dreiseitig angeordneten massiven Umfassungswänden und einer aufgelagerten Stahlbetondecke. Die Öffnungen zu den rückwärtigen Sanitärbereichen im Erdgeschoss sind mit wasserdichten Schließeinrichtungen ausgestattet. Alle übrigen technischen Einrichtungen und die Gastronomieküche sind in der oberen Ebene angeordnet.

Die schweren Türen im Erdgeschoss verhindern bei einem Hochwasserereignis den Wassereintritt ins Gebäude. Wandlampen werden in sicherer Höhe, direkt unter der Decke aufgehängt, wo auch alle Stromanschlüsse geführt werden. In Wien ist der Anblick eines hochwassersicheren Lokals ein ungewohnter Anblick. Wie wertvoll und attraktiv hochwassergefährdete Bauplätze sein können, vorausgesetzt die Architektur reagiert entsprechend auf die kalkulierte Gefahr des Wassers, führt Hamburg vor. Wien darf jetzt auch ein wenig Hamburg werden.

Eine Herausforderung beim Projekt war die extrem kurze Bauzeit von nur vier Monaten (99 Werktage waren es genau). Im Sinne einer bestmöglichen Nachhaltigkeit wurden vorhandene Strukturen wie bestehende Stiegenaufgänge so weit es möglich war in die Planung integriert. Im dritten Jahrzehnt ihres Bestehens wurde die Donau-City Wien einen Schritt näher an das Wasser herangeführt. (Einleitung: Martina Frühwirth / Baubeschreibung: Martina Frühwirth nach einem Text der Architekten)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

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