Bauwerk

Villa Himmelstrasse - Umbau
Klaus - Jürgen Bauer - Wien (A) - 2001

Italianità in Grinzing

Ein Anwesen in Wien-Döbling verwandelte Architekt Klaus-Jürgen Bauer in eine stattliche Villa, die mannigfaltige Raumerlebnisse bietet.

14. Dezember 2002 - Franziska Leeb
Vor dem Umbau war es das „hässlichste Haus von Wien“, so der Bauherr. Architekt Klaus-Jürgen Bauer umschreibt den lang gestreckten Bau, der über Jahrzehnte hinweg immer wieder konzeptlos erweitert wurde, als „Konglomerat der Nichtigkeiten“.

Aber die Grinzinger Toplage auf einem nach Norden abfallenden Hanggrundstück und der großartige Wienblick waren Anreiz genug, sich der architektonischen Missgestalt anzunehmen. Mit oberflächlicher Kosmetik wäre nichts auszurichten gewesen. Der Bestand wurde also völlig entkernt und erfuhr sowohl eine umfassende Neuorganisation als auch Neuinterpretation im Verhältnis der Räume zueinander und zur umgebenden Landschaft. Es galt das 22 Meter lange Gebilde zu bändigen und in ein stimmiges Ganzes zu verwandeln. Die Anmutung der Straßenfassade im Süden ist von schlichter, fast bescheidener Zurückgenommenheit und verschlossen, jedoch ohne schroff abweisend zu sein. Eine weiße Stahlpergola leitet vom kleinen Vorplatz zum Haus über und dient einem alten Weinstock als Gerüst.

Größe und Geräumigkeit der neu gestalteten Villa erschließen sich erst nach und nach. Klaus-Jürgen Bauer entwickelte eine Abfolge von Räumen, in denen sich immer wieder eigene Welten eröffnen. Nach einem Entree, von dem auch die in das Haus integrierte Praxis zugänglich ist, folgt eine private Garderobenzone. An diese schließt das Herzstück des Erdgeschoßes an: ein rund 80 Quadratmeter großer Wohnraum, der sich über eine Serie gleich großer Fenstertüren auf die große Westterrasse öffnet.

An seinem nördlichen Ende mündet er in den so genannten „Palmenraum“, der gartenseitig als dreigeschoßiger Abschluss die gesamte Höhe des Hauses erkennen lässt. Von hier führen Treppen in die Fitnessräume im Keller sowie in die Wohn- und Schlafbereiche im Obergeschoß, das bis unter den Dachgiebel reichend mit imposanten Raumhöhen aufwartet. Es ist weniger eine Aneinanderreihung von Zimmern als eine Abfolge von Wegen und Plätzen, von Öffnungen, die den Blick ins Unendliche schweifen lassen, und Wandscheiben, die Halt geben.

Ohne jemals protzig zu werden, entstand ein zeitgemäßer Palazzo, der dem alltäglichen Familienleben eine ebenso adäquate Bühne bietet wie repräsentativen Anlässen. Die Abfolge verschiedener Welten setzt sich an den Außenanlagen fort, wo gepflasterte Freiterrassen auf mehreren Ebenen zum Alt-Wiener Garten auf dem Nordhang überleiten. An der Südwestecke umschließen Sichtbetonmauern einen versteckten „geheimen Garten“. So wie dieser erinnern auch etliche andere Perspektiven und Ansichten an Motive der Künstler Carlo Carrà oder Giorgio de Chirico. Zum Beispiel die strengen Lochfassaden im Norden und entlang der Westterrasse, die als neue Schichten aus St. Margarethener Sandstein dem Haus vorgeblendet wurden.

Zusammen mit den sorgfältig gestalteten Freiräumen versprühen sie eine gewisse Italianità und geben den Außenanlagen einen samtig warmen Hintergrund von gediegener Qualität. In einem planerischen Kraftakt wurde aus dem ehemaligen „Konglomerat der Nichtigkeiten“ ein harmonisches Ganzes, das immer wieder überraschende Raumerlebnisse bietet.

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