Bauwerk

Loft Living
Michael Wallraff ZT GmbH - Wien (A) - 2021
Loft Living, Foto: Hertha Hurnaus
Loft Living, Foto: Michael Wallraff ZT GmbH
8. Februar 2023 - Az W
Loft Living ist eines von vier Baugruppen-Projekten im Stadtentwicklungsgebiet Sonnwendviertel Ost. Seine Leitidee ist die Verbindung von Wohnen und kreativen Arbeiten.
Der Name Loft Living macht zweifach Sinn: die Baugruppe besteht aus Menschen, die im Kreativbereich tätig sind und Architekt Michael Wallraff, selbst Teil der Baugruppe, ist ein „Loftspezialist“. Er adaptierte mehrfach ehemalige Fabriksräume und generell ist seine Arbeit geprägt durch industrielle, rohe Strukturen und offenen Raumfluss.

Nicht nur in seiner Entstehung und Verwaltung als selbstbestimmtes Baugruppenprojekt und in seinem inhaltlichen Konzept geht Loft Living über herkömmliche Wohnbau-Standards hinaus, sondern auch in seiner Architektur.
Das gilt für die Anlage des Baukörpers: Der städtebauliche Plan sah eine übliche Blockrandbebauung vor, wie sie im gesamten Sonnwendviertel gegeben ist. Der Bau sollte das Eck eines Blockes schließen. Die Schließung entsprach aber weder den urbanistischen Vorstellungen des Architekten noch der optimalen Nutzung. Statt die erlaubte Bebauungshöhe von sieben Geschossen an der Westseite des Grundstücks zur Bloch-Bauer-Promenade auszunützen, stuft sich die Gebäudehöhe in diesem Abschnitt auf zwei Geschosse (die „Geschäftszone“) herab.
Damit war es möglich, alle 13 Wohneinheiten in den Obergeschossen mit einem großen Balkon zur südorientierten Hofseite auszustatten.
Die Absenkung des Baukörpers bringt auch dem Stadtraum Vorteile: Die geschlossenen Häuserzeilen erfahren eine Öffnung, die Ostsonne kann bis in die Straße scheinen und der Blick geht auf Bäume, die auf dem Terrassendach des zweigeschossigen Bauteils angepflanzt wurden.

Dynamik ist ein Kennzeichen dieser Architektur mit ihren Höhensprüngen und ihren subtilen Schrägen und Knicken von Wänden und Decken. Besonders ausgeprägt ist diese Herangehensweise am städtebaulich wirksamen Eck. Der Bau verjüngt sich hier zu einem „Spitz“ und er ist aufgestelzt, die Sockelzone offen; die obersten Geschossen stufen sich in Terrassen zurück.
Unter der Aufstelzung entstand mit der „Stadtloggia“ ein großzügiges Angebot für das Quartier, ein Bereich, der als offener Raum von der Allgemeinheit genutzt werden kann.

Auch im Material bietet der Bau Alternativen zu scheinbar unumgänglichen Standards. Statt Betonwänden mit ökologisch bedenklichem Vollwärmeschutz bestehen die tragenden Außenwände von Loft Living aus Ziegeln – eine zusätzliche Dämmschicht ist entbehrlich.
Die Fenster sind durchwegs aus Holz. Auffallend sind die Kastenfenster in den Wohngeschossen an der Südseite mit zart unterteilten Außenflügeln aus Lärchenholz. Details mit großer Wirkung.
Die Straßenseite unterscheidet sich mit ihrem geraden Verlauf, den Alu-Holzfenstern und dem zweifärbigen Putz auffällig von der Hofseite.
Der Bau besteht aus einem zweigeschosshohen Sockel für Geschäfts- und Ateliernutzung und Obergeschossen (OG 3 bis 7) für Wohnungen und Büros. Neben den tragenden Außenwänden bildet im Inneren ein Stützenraster die Tragstruktur, die unterschiedliche Raumteilungen und Nutzungen zulässt.
Ein Gemeinschaftsgarten auf dem Dach dient der teilweisen Selbstversorgung und eine Solaranlage versorgt das Lokal mit Energie.

Das von der Stadt und dem Grundstückeigentümer ÖBB ambitioniert moderierte Sonnwendviertel Ost ist ein Lehrbeispiel dafür, dass es nur begrenzt Bedarf an bzw. Überlebensfähigkeit von urbanen Erdgeschossnutzungen gibt. Eines der - trotz großer Bemühungen - nur wenigen Lokale im Quartier ist das Café Feldhase von Loft Living mit seiner Mischung aus Kaffeehaus, vegetarisch-biologischem Mittagstisch und Geschäft.
Das Lokal offeriert als fünf Meter hoher, über Eck geführter Raum mit Galeriegeschoß auch einen besonderen architektonischen Reichtum mit bemerkenswerter Lichtführung. Von allen Seiten, auch von oben fällt Tageslicht ein. Sichtbeton wird mit dunklem Metall, und hellem Holz kombiniert. Künstlerische Arbeiten von Gilbert Bretterbauer und Heimo Zobernig tragen das ihre zur anregenden Atmosphäre dieses Raumes bei. Er ist in der warmen Jahreszeit erweiterbar auf eine hofseitige Terrasse und auf die straßenseitige Stadtloggia. Diese ist zur Straße durch eine transparente Schiebewand gleichzeitig geschützt und offen. (Text: Maria Welzig)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

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