Bauwerk

Kindergarten Niederolang
feld72 - Olang (I) - 2016
Kindergarten Niederolang, Foto: Hertha Hurnaus
Kindergarten Niederolang, Foto: Hertha Hurnaus
19. Januar 2017 - newroom
Innerhalb der gewachsenen Dorfstruktur Niederolangs in Südtirol erzählt das Haus des Kindergartens von dem Zusammenspiel zwischen Tradition, dem Zeitgenössischen und der Natur. Im beschaulichen Rahmen ordnet sich der dritte fertiggestellte Kindergarten von feld72 ein, ohne sich unterzuordnen. Selbstverständlich und ungezwungen. Sinnlich an seinem Ort verankert reagiert der Baukörper auf die bestimmende Präsenz der Pfarrkirche St. Petrus und Agnes mit Friedhofskapelle und der Grundschule in der Mitte Niederolangs. Wie in einer Schatulle sitzt der Holzbau in der umlaufenden, massiven Mauer und schenkt Geborgenheit.

Begrenzungen und Umzäunungen bestimmen die dörfliche Struktur. Die klaren Raumkanten teilen das Dorf in privates und öffentliches Gut. Die bauliche Intervention des Kindergartens greift das Thema der unterschiedlichen Intensitäten der Grenzen auf und führt es als vielschichtige umgebende Mauer weiter. Es gelingt eine spannende kontextuelle Verwebung des ortstypischen Elements.

Der Kindergarten bildet durch die umlaufende Grenzmauer klare Raumkanten im dorfräumlichen Ensemble. Die Einheit aus Haus und Hof verankert sich im traditionellen Kontext und schenkt dem Kindergarten die architektonischen Bedingungen für Geborgenheit, als auch Freiheit. Als kompakter Baukörper verortet sich dieser an der nördlichen Grundstücksgrenze, so dass Raum für einen sonnigen Garten gegeben ist. Der Freiraum für die Kinder ist optisch und funktionell von der Straße durch die umlaufende Mauer getrennt.

Die Mauer wechselt Materialität und Volumen, so wird sie vom Gartenzaun zur Grenzmauer zum Gebäude und zur Interpretation des Vorgefundenen als auch zum Weiterstricken des Bestandes. Die hofseitig komplett in Holz gehaltene Mauer umarmt in einer freundlichen Geste den Garten der Kinder. Überdachte, wettergeschützte Bereiche entstehen im Übergang zum Gebäude. Es entfaltet sich ein spielerischer Umgang mit dem Element der Mauer. Architektur und Spielplatz verschmelzen. Das traditionelle Element der Umzäunung gewinnt an Komplexität und Aufenthaltsqualität – es beherbergt, rahmt, versteckt, lädt zum Spielen ein und schenkt Ein- sowie Ausblicke. Das Gebäude selbst bleibt dabei klar und wirkt dennoch vielschichtig.

Einheitliche Materialität vermittelt Schlichtheit. Verputztes Mauerwerk und Holz im Bauch des Kindergartens erzeugen Identität und Zugehörigkeitsgefühl. Innerhalb der Räumlichkeiten entsteht aus dem vielschichtigen Umgang mit einheimischen Holz eine unaufdringliche vertraute Stimmung.

Die Gruppenräume stellen für die Kinder den Ausgangspunkt, aber auch den Rückzugsort ihrer täglichen Erkundungen dar. Die Räume sind einfach und zurückhaltend gestaltet und geben Raum für individuelle Veränderung. Kleine Rückzugsbereiche sind die große Fensternische oder das begehbare Trennmöbel zur Garderobe. Der Versammlungsraum und die Multifunktionsräume können zu einem zusammenhängenden Raumgefüge geschaltet oder wahlweise auch einzeln bespielt werden. Das vorgeschlagene Raumkonzept ermöglicht so auf beiden Ebenen attraktive Variationen in der Umsetzung des pädagogischen Leitbildes.

Als Vermittler zwischen Tradition und Moderne entsteht ein Haus für Kinder und das Dorf. Vertrautes und Ungewöhnliches zugleich kehrt in Niederolang ein. (Text: Architekt:innen)

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