Veranstaltung

COOP HIMMELB(L)AU. Beyond the Blue
Ausstellung
COOP HIMMELB(L)AU. Beyond the Blue © Hagen Ernstbrunner, Wien/MAK Herz Stadt – Der weiße Anzug (1969)
12. Dezember 2007 bis 11. Mai 2008
MAK-Ausstellungshalle
Weiskirchnerstrasse 3
A-1010 Wien


Veranstalter:in: MAK
Eröffnung: Dienstag, 11. Dezember 2007, 20:00 Uhr

Woanders ist der Himmel blauer

Die Wiener Architekten Coop Himmelb(l)au feiern ihr 40-jähriges Bestehen. Während die einstigen Enfants terribles im Ausland ein Projekt nach dem anderen hochziehen, ehrt man sie hierzulande mit einer umfassenden Werkschau im Gemäuer des MAK.

12. Dezember 2007 - Wojciech Czaja
Wolf Prix hat einen Lieblingssatz. Mit Anzug und ausnahmsweise ohne Zigarre wandelt der Protagonist des Architekturbüros Coop Himmelb(l)au durch die Ausstellungshalle im MAK und erklärt den Journalisten: „Himmelblau ist keine Farbe, sondern die Idee, Architektur mit Fantasie leicht und veränderbar wie Wolken zu machen.“ Fest entschlossen und wild um sich schlagend entfleuchte ihm der Satz schon im Jahre 1968. Vierzig Jahre später hat die Firmenphilosophie nichts an Aktualität eingebüßt - und wird immer noch gerne zu Protokoll gegeben.

Aus Anlass von vier Jahrzehnte lang andauernder architektonischer Sturheit zeigt das Museum für Angewandte Kunst ab heute, Mittwoch, die bislang umfangreichste Werkschau von Coop Himmelb(l)au. Unter dem Titel Beyond the Blue werden rund 80 Projekte gezeigt: angedachte, durchgeplante, abgeblasene und realisierte. Was verbirgt sich hinter dem titelgebenden, ominösen Blau? „Man muss nicht alles zerreden“, sagt Prix, „das ist ein Wortspiel mit dem Überdrüber-Blau, wo das Himmelblau zum tatsächlichen Himmelbau wird.“

Wildheit ist gewichen

Zu den ersten Projekten, als Prix und sein damaliger Partner Helmut Swiczinsky gerade mal 25 Lenze hinter sich hatten, zählen visionäre Entwürfe und temporäre Rauminstallationen wie The Cloud (1968), Inflatable Suit (1969) oder etwa City Soccer Wien (1971). In aufblasbaren Plastikzellen marschierten die einstigen Enfants terribles durch die Fußgängerzonen, animierten die Passanten zum Fußballspiel mit überdimensionalen Fußbällen, fackelten selbst gebaute Skulpturen ab, träumten vom Weltall, von Schwerelosigkeit, von fernen Zukunftstagen.

Was ist aus den wilden Kerlen geworden? „In den Sechzigerjahren waren wir junge Männer. Jetzt bin ich 65. Forever young spielt's in Wirklichkeit nicht. Die äußere Wildheit ist daher schon lange nicht mehr da. Geblieben ist dafür die Freiheit im Denken und im Durchsetzen von außergewöhnlichen Bauten.“

Vor kurzem fertiggestellt wurde die BMW-Welt in München. Die gigantische Vermarktungsmaschine, in der fröhliche und erwartungsvolle BMW-Kunden ihr neu erstandenes Gefährt abholen können, ist der bisher größte realisierte Bau in der Geschichte von Coop Himmelb(l)au. Doch die richtig großen Knüller kommen erst: In Lyon baut man bereits emsig am Musée des Confluences (Fertigstellung 2008), bis die Europäische Zentralbank indes ihr neues Hauptquartier - einen Doppelturm mit 47 Geschoßen - besiedeln kann, muss sie sich noch bis 2011 gedulden.

Vereiste Zustände

Coop Himmelb(l)au baut überall, nur nicht in Österreich. Warum? „Österreich ist mutlos und feig, was das Zulassen und Fördern von Spitzenleistungen betrifft“, erklärt Wolf Prix, „daher bauen wir in diesem Land so gut wie nichts.“ In der Tat: Der große Wurf im Heimatland blieb den Coops bis jetzt verwehrt, stattdessen gibt's den Trostpreis: Auszeichnungen und Anerkennungen zuhauf. „Die Wahrheit ist: Man hat Angst vor Veränderung. Das kann ich in Österreich einfach nicht leiden. Denn Angst vereist bestehende Zustände.“

Wenn schon nicht in der Architektur, dann eben in der Kunst. Im bergenden Umfeld des Museums für Angewandte Kunst fahren die Coops mit allen Geschützen auf und schaffen sich das Fundament, das ihnen hierzulande nie vergönnt wurde: eine Bühne. Auf einem überdimensionalen Podest werden 170 Architekturmodelle aus 40 Jahren zur Schau gestellt.

Vom hässlichen Arbeitsmodell aus Pappe bis hin zum fast vier Meter hohen Wolkenkratzer sind Kaliber jeder erdenklichen Größe zu finden. Da verliert man leicht den Überblick. Damit das nicht passiert, wurde für die Ausstellungsbesucher eigens eine Zuschauertribüne gefertigt. Hochklettern, Platz nehmen, hinabsehen auf das Geschehen Himmelblau.

Die gläserne Bühne, erraten, ist in blaues Licht getaucht. Die schummrige Farbe umhüllt die Architekturmodelle und verwandelt sie in silhouettenhafte Skulpturen. Im Hintergrund laufen Videoinstallationen und Interviews mit Wolf Prix. Wie ein Klangteppich breitet sich seine Stimme im ganzen Raum aus. Irgendwann im Laufe des 15-minütigen Films fällt der alles entscheidende Satz, unbeirrbar wird daran festgehalten: „Himmelblau ist keine Farbe, sondern die Idee, Architektur mit Fantasie leicht und veränderbar wie Wolken zu machen.“ Irgendwie traurig angesichts der Hassliebe, die Prix mit Österreich verbindet.

Die Ausstellung Beyond the Blue ist ein Ausflug ins wundersame Aufbrechen von Gesetzmäßigkeiten. Nach jahrzehntelanger Knochenarbeit trägt der Glaube an die Idee Himmelblau endlich Früchte. Gratulation. Im Ausland sind die wilden Keime der 68er-Generation zu prallen Äpfeln herangereift. Hierzulande hat es gerade gereicht, das Fallobst auf einer gläsernen Bühne im Museum zu drapieren

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