Veranstaltung

Maria Giuseppina Grasso Cannizzo
Ausstellung
Maria Giuseppina Grasso Cannizzo © Hélène Binet
2. Juli 2014 bis 20. September 2014
aut. architektur und tirol im adambräu
Lois-Welzenbacher-Platz 1
A-6020 Innsbruck


Loose Ends

Mit „Loose Ends“ ist erstmals in Österreich eine Ausstellung von Maria Giuseppina Grasso Cannizzo zu sehen, einer der interessantesten Persönlichkeiten der zeitgenössischen europäischen Architektur, die trotz zahlreicher Auszeichnungen nach wie vor ein Geheimtipp geblieben ist. Das mag einerseits an ihrer unprätentiösen Haltung liegen, zum anderen daran, dass sich der Großteil ihrer Bauwerke auf Sizilien befindet. Hier realisierte sie zahlreiche Revitalisierungen und Transformationen von historischen Bauten, Ein- und Mehrfamilienhäuser oder auch öffentliche Projekte wie den Kontrollturm im Hafen von Marina di Ragusa. Minimale, selbstbewusste und zum Teil auch radikale Konzepte, die letztendlich immer offen für Veränderungen sind, die das Leben und der Lauf der Zeit mit sich bringen.

Ein wesentlicher Aspekt in der Arbeit von Maria Giuseppina Grasso Cannizzo ist, dass sie mit ihren Bauwerken keinen Absolutheits- oder Ewigkeitsanspruch erhebt, sondern die Verwandlung ihrer Gebäude im Gebrauch akzeptiert. Sie versteht sich weniger als dominante Autorin, die ihren Bauten eine persönliche Handschrift verleihen möchte, sondern sieht sich eher als Regisseurin, die zwar den Planungs- und Bauprozess pedantisch und manchmal auch manisch kontrolliert, sich aber vollkommen zurückzieht, sobald ein Werk fertig gestellt und an jene übergeben ist, die es nutzen und sich sukzessive aneignen.

Am Beginn ihres Entwurfsprozesses stehen nie formale Fragen, sondern die Analyse der Rahmenbedingungen, des Kontexts und der spezifischen „Geschichten“ eines Projektes: der jeweilige Ort, die Bauaufgabe, die Wünsche und Vorstellungen der Bauherrschaft. Diese Vorgaben lösen bei MGGC einen Denkprozess aus, der – im Spannungsverhältnis zwischen strategischer Vorgehensweise und fantasievollem Ideenreichtum – zu spezifischen und radikalen architektonischen Lösungen führt, die jedoch immer von einem sehr sensiblen Umgang mit Raum, Material und Licht geprägt sind: Wie zum Beispiel eine fast minimalistische Skulptur, die als kräftiges Zeichen in der Landschaft sitzt (PRM2), ein mehr durch das Wegnehmen als durch das Hinzufügen transformiertes Einfamilienhaus (SPR), ein turmartiges Raumkontinuum mit eingehängten Ebenen und Betten, die zu schweben scheinen (GNS) oder ein in archaischer Landschaft aufgeständertes Haus mit einer auf Schienen verschiebbaren Holzbox (FCN).


Ausstellung „Loose Ends“
Mit „Loose Ends“ konzipierte Maria Giuseppina Grasso Cannizzo eine Ausstellung als radikale Intervention und komplexe Transformation der Räume des aut, die ihre architektonische Haltung sicht- und unmittelbar spürbar macht. Inspiriert von sizilianischen Industrielandschaften mit ihren Öltanks, Bohrtürmen und Förderanlagen und auf die räumlichen Gegebenheiten des aut eingehend, schafft sie ein spezifisches Universum, in dem über das Hören, Riechen und Sehen die Sinne der BesucherInnen unmittelbar angesprochen werden. Parallel dazu bietet die Ausstellung einen Einblick in den Entstehungsprozess der Arbeiten dieser einzigartigen sizilianischen Architektin – von ihren Inspirationsquellen über die Entwurfsmethodik bis hin zu den fertig gestellten Projekten, die mittels großformatiger Fotografien von Hélène Binet sowie mit Fotobüchern und einem Film von Armin Linke präsentiert werden.


Publikation „Loose Ends“
Zur Ausstellung erscheint im Lars Müller Verlag die erste Monographie, die ein Manifest der Arbeitsweise von Maria Giuseppina Grasso Cannizzo ist. Versammelt in einer schwarzen Box befinden sich lose Blätter mit Zeichnungen, Skizzen, Studien, Fotografien und Texten, die vielstimmig von den einzelnen Projekten erzählen, sich vermischen wie überlagern und eine Abfolge möglicher Assoziationen und Interpretationen zulassen.

Konzept: Maria Giuseppina Grasso Cannizzo
Herausgeberin: Sara Marini
Fotografien: Hélène Binet, Armin Linke, Giulia Bruno
Textbeiträge: Raoul Bunschoten, Pippo Ciorra, Francesco Dal Co, Marco De Michelis, Rainer Köberl, Sara Marini
published by aut. architektur und tirol in Zusammenarbeit mit Lars Müller Publishers
16,8 x 24 cm (Box), 412 Blätter, ca. 400 Abbildungen, Englisch/Italienisch
EUR 40,00
isbn 978-3-03778-451-8


Maria Giuseppina Grasso Cannizzo
geb. 1952 in Vittoria auf Sizilien; Studium der Architektur an der Universität in Rom „La Sapienza“; 1975 – 79 Lehrtätigkeit an der römischen Architekturfakultät bei Franco Minissi; 1980 – 86 tätig für Fiat Engineering in Turin im Rahmen der Rekonstruktion historischer Zentren der Basilikata; seit 1986 eigenes Atelier in Sizilien; seit 2005 Mitglied des Royal Institute of British Architects (RIBA); 2008 Teilnahme am geladenen Wettbewerb für die Gestaltung des italienischen Pavillons auf der 11. Internationalen Architekturausstellung „La Biennale di Venezia“; Ausstellungsbeteiligungen u. a. 2004 „Metamorph“, 9. Internationale Architekturausstellung „La Biennale di Venezia“; 2011 „Re-cycle“, Fondazione MAXXI, Rom; lebt und arbeitet auf Sizilien; Auszeichnungen u. a. 2003 und 2013 Nominierung für den Mies-van-der-Rohe-Award; 2005 und 2012 RIBA Award/EU; 2012 Goldmedaille für Lebenswerk, verliehen von der Jury der Triennale von Mailand

Bauten und Projekte (Auswahl)
Zahlreiche Revitalisierungen und Umstrukturierungen historischer Substanz u. a. in Vittoria, Ragusa, Catania, Scoglitti, Mailand, Rom und Turin; 1991 EMV, Transformation des ehemaligen Albergo Italia, Vittoria; 1992 MSM, Zweifamilienhaus, Marina di Ragusa; 1993 PLV, Erweiterung Einfamilienhaus, Vittoria; 1994 GNV, Erweiterung Einfamilienhaus, Vittoria; 2000 CCR, Einkaufszentrum, Ragusa (Entwurf); 2001 DPN, Cantina Planeta, Noto; PLC, CafHé Mangiarebere, Catania; RBT, Dachbodenausbau, Turin; SBR, Wohnungsumbau, Ragusa; SPR, Umbau Einfamilienhaus, Ragusa; 2002 DMP, Ölfabrik, Menfi (Entwurf); GNS, Ferienhaus, Scoglitti; 2004 MP, Wettbewerb Machu Picchu, Peru; ALBA2000, Sozialer Wohnbau, Alba (Entwurf); 2005 PVA, Wohnungsumbau, Aci Castello; 2006 PVC, Revitalisierungsprojekt, Aci Castello; 2007 PMR, Städtebauliches Projekt im Hafen von Marina di Ragusa; 2008 GNR, Zweifamilienhaus, Ragusa (Entwurf); DPE, Weingut, Castiglione di Sicilia/Etna (Entwurf); PMR2, Kontrollturm, Marina di Ragusa; 2009 FCN, Ferienhaus, Noto; 2010 LLV, Wohnungsumbau, Vittoria; 2011 UOVO, Installation

Eine Ausstellung mit freundlicher Unterstützung von Köllensberger Stahlhandel und Metallbau Eberhart

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Weiterführende Links:
aut. architektur und tirol