Zeitschrift

werk, bauen + wohnen 11-07
Ornament
werk, bauen + wohnen 11-07
zur Zeitschrift: werk, bauen + wohnen
ein architektonisches ornament ist mehr als ein schmückendes muster: diese behauptung stand am anfang unseres heftes, und sie bestimmte die auswahl der bauten und texte. damit ist keine wertende aussage gemacht, sondern darauf hingewiesen, dass muster und ornamente verwandte und dennoch verschiedene ziele verfolgen. liegt es daran, dass sich das ornament über die «hintertür» der oberflächenveredelung wieder zutritt zur architektur verschafft hat, dass oft von ornamenten die rede ist, wenn muster gemeint sind? und dass durch die gleichsetzung der begriffe ihre unterschiedlichen möglichkeiten und grenzen aus dem blickfeld geraten?

muster haben im grunde weder anfang noch ende. wie klassische tapetenmotive ermöglichen sie über den rapport ihre beliebige vervielfachung. muster, die beispielsweise in form von siebdrucken, prägungen oder Überlagerungen verschiedener materialien zu stande kommen, legen sich teilweise im wörtlichen, vor allem aber im übertragenen sinn, als autonome schicht über kleinere oder grössere flächen: oft genügen sie sich selbst. ornamente dagegen zeichnen sich durch vielfältige bezugnahme aus. denn deutlicher als muster beziehen sich ihre dimensionen, ihre massstäblichkeit, ihre gestalt und deren bedeutung auf ein bestimmtes gebäude, einen bestimmten raum. sie kommentieren, überhöhen, erklären oder überspielen ausgewählte teile. ornamente «wachsen» sozusagen aus der architektur heraus. sie sind untrennbarer teil von ihr, seien sie struktureller oder applizierter art. da ornamente in ihrer flächenmässigen ausdehnung beschränkt sind, heben sie sich vom rest nicht nur ab, sondern lenken den blick auch auf die ränder – und von dort auf das ganze zurück, lassen es in neuem licht erscheinen, geben ihm eine zusätzliche bedeutung.

das gilt auch für das einfache beispiel von hild k architekten, wo in die brüstung eingeschnittene motive die hofbalkone ihres büros schmücken. sie unterstreichen das bandförmige, von wand zu wand gespannte der abgekanteten bleche und gleichzeitig deren mitte, entsprechend der achsen der fenstertüren. abgeleitet von einem stuckornament, erinnern sie an münchens rokoko und stellen sich in die tradition floraler motive an lauben und balkonen, wie sie auch in diesem quartier üblich sind. so treten sie in dialog mit den abschliessenden säumen aus geranien und sprechen gleichzeitig von der schwierigkeit, heute ohne entsprechende tradition neue ornamente zu entwerfen. die zeitgemässe machart prägt dabei die gestalt durchaus mit und verweist so auf die heutige aneignung des altbaus durch die architekten.

die deutung dieses einfachen schmuckes liesse sich noch ausweiten – ohne dass er solches aufdringlich fordern würde. Ähnliches gilt für viele ornamente, wie wir sie in diesem heft zeigen, die überdies deutlich machen, dass sich ornamentale und musterartige tendenzen oft überlagern und sich dabei gegenseitig befruchten.

die redaktion

Ákos Moravánszky
Scheinbar Substanz. Ornamentale Konstrukte

Christoph Wieser
Digitale Ornamentik Weingut Gantenbein in Fläsch von Bearth & Deplazes,
Fassade in Zusammenarbeit mit Gramazio & Kohler

Martin Tschanz
Umbau Aufbahrungshalle Sihlfeld in Zürich durch Bosshard Vaquer Architekten

Philipp Esch
Lichthof Urania/Amtshaus III in Zürich von Martin und Elisabeth Boesch

Nott Caviezel
Infrastrukturbau Camping Sutz von Bart & Buchhofer Architekten

Stefanie Wettstein
Ornamente raumfüllend Experimentelle Gestaltung auf Zeit in der Cafeteria
des Schweizerischen Landesmuseums in Zürich

Christina Sonderegger Brandschutztüren im Schweiz. Landesmuseum von Christ & Gantenbein

Irina Davidovici
Kinder im Raum der Geschichte Museum of Childhood in Bethnal Green, London,
von Caruso St John

Axel Sowa
Aus den Tiefen des Geflechtes

Avec des résumés en français à la fin des articles
With english summaries at the end of the texts

Forum
Kolumne: Dieter Bachmann
EFH: Sommerhaus auf dem Seerücken, Thurgau, von Staufer & Hasler Architekten
Wettbewerb: Internationaler Ideenwettbewerb «Crêt-du-Locle»
Zwei Holzhallen in Frutigen und Rapperswil von Müller & Truniger Architekten
Innenarchitektur: Bodenornamente der Künstlerin Vreni Spieser
Bücher: Leitsätze zur Denkmalpflege in der Schweiz
Bücher: Neuerscheinungen aus der Romandie
bauen rechten
Ausstellungen | Veranstaltungen | Wettbewerbe
Neuerscheinungen | Produkte

werk-material
Müller & Truniger Architekten, Zürich: Erhaltungs- und Interventionszentrum in Frutigen, BE
Müller & Truniger Architekten, Pierre Robin Architekt, Zürich: Giraffenhaus Rapperswil, SG

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