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hochparterre 04|2011
Zeitschrift für Architektur und Design
hochparterre 04|2011
zur Zeitschrift: hochparterre

Beton auf Bruchstein

11. April 2011 - Werner Huber
Dicht gedrängt stehen die Häuser in Charrat. Der alte Dorfkern liegt am südlichen Hangfuss des Rhonetals bei Martigny, abseits der Haupt­ verkehrsachsen mit Autobahn, Hauptstrasse und Eisenbahn, die den Boden des Walliser Haupttals zerschneiden. Dorthin, in die Ebene hinein, sind die neueren Quartiere gewachsen.

Es gebe Walliser Gemeinden, die nur Scheussli­ches bewilligten, meint Architekt Valéry Clavien angesichts des architektonischen Wildwuchses. Aber manche genehmigten auch Gutes, sagt er augenzwinkernd - und er meint damit Charrat, wo er mit seinem Büropartner Nicolas Rossier ein Haus realisiert hat. Es steht beim alten Dorf, hart an der Strasse. Die Beschränkung auf weni­ge Elemente und ein grosses Fenster pro Fassa­de machen das Haus massstablos, das Sockel­geschoss aus Naturstein verankert es in der vom Rebbau geprägten Landschaft.

Vorhanden war ein schon mehrfach umgebauter und erweiterter Altbau - und ein beschränktes Budget. Deshalb haben die Architekten von der alten Substanz erhalten, was brauchbar war: die Mauern des Sockel­ und des halben Ober­geschosses. Sie entfernten den Putz und holten das Natursteinmauerwerk hervor, auf das sie den ein­ bis zweigeschossigen Neubauteil aus eingefärbtem Beton setzten. Die alten Mauern blieben bis auf die Brüstungshöhe des oberen Geschosses stehen und gaben die Wandstärke vor: sechzig Zentimeter plus Dämmung - achtzig insgesamt. Um dicke, lichtfressende und wenig elegante Leibungen zu vermeiden, schnitten die Architekten ihre neuen Betonwände konisch zu und reduzierten die Zahl der Fenster auf eines pro neuem Fassadenteil.

Der Eingang liegt neu im Sockel direkt an der Strasse. Aus der Halle führt eine Treppe entlang der Bruchsteinmauer nach oben in den Wohn­- und Essraum. Hinter der alten Mauer liegen die Küche und daneben ein Zimmer mit Bad. Zwei weitere Zimmer und ein Bad liegen im obersten Stock. Die Räume sind so organisiert, dass zahlreiche Wege durch das Haus entstehen, entlang der Fassaden wird es so in seiner ganzen Länge erlebbar. Auf der einen Seite schweift der Blick über die Ebene des Rhonetals, auf der ande­ren Seite öffnet sich das Haus gegen den sanft ansteigenden Rebhang. Das Gegenstück zu den «Lichttrichtern» der Fassade sind die «Vorhang­garagen» im Innern.

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Für den Beitrag verantwortlich: hochparterre

Ansprechpartner:in für diese Seite: Roderick Hönighoenig[at]hochparterre.ch

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