Zeitschrift

TEC21 2013|27-28
Geschütztes Moor
TEC21 2013|27-28
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG
Hans Carl von Carlowitz lebte um 1700 in Sachsen. Als Berghauptmann war er ­zuständig für das Berg- und Hüttenwesen, das zur Deckung des Energiebedarfs enorm viel Holz benötigte. Dieses war zu jener Zeit aber knapp. In seinem genau vor 300 Jahren publizierten Werk «Sylvicultura oeconomica», das sich der nachhaltigen Nutzung der Wälder widmet, schlug Carlowitz daher vor, für die Brennstoffgewinnung vermehrt Torf in Mooren abzubauen. Dadurch würden die Wälder entlastet. Doch der Abbau von Torf wäre keine dauerhafte Alternative gewesen. Denn die Bildung der Torfschicht eines Hochmoors ist ein sehr langsamer Prozess, der Jahrhunderte bis Jahrtausende dauert.

Insbesondere in Krisenzeiten waren die Brennstofflager der Moore jedoch begehrt. Während des Ersten und Zweiten Weltkriegs wurde in zahlreichen Schweizer Mooren Torf gestochen. Wer das Moor bei Rothenthurm besucht, kann noch heute die ehemalige Torfstichkante erkennen. Rothenthurm schrieb aber aus einem anderen Grund Geschichte. Die Schweizer Armee wollte dort einen Waffenplatz bauen. Dagegen ­formierte sich Widerstand. Die Schweizer Bevölkerung hiess 1987 die sogenannte Rothenthurm-Initiative gut («Folgenreiche Initiative»). Seither sind sämtliche Moore der Schweiz durch die Verfassung geschützt. In ihnen dürfen weder Anlagen gebaut noch Bodenveränderungen vorgenommen werden.

Damit ist es allerdings nicht getan. Die Ergebnisse der Erfolgskontrolle des Moorschutzes 20 Jahre nach Annahme der Rothenthurm-Initiative zeigen, dass sich der Zustand der Moore verschlechtert. Sie trocknen immer mehr aus, Gehölzpflanzen nehmen überhand. Zahlreiche Flachmoore müssen gepflegt werden, weil die Bauern die traditionelle Streunutzung nicht mehr durchführen. Die bisherigen Schutz- und Pflegemassnahmen reichen nicht aus, um die Qualität der Moore zu erhalten («Trocknen die Moore aus?»).

Der strikte Moorschutz verhinderte in letzter Zeit einige Vorhaben, etwa den Neubau eines Restaurants auf der Insel Ufenau im Zürichsee oder einen noch fehlenden ­Abschnitt der Autobahn im Zürcher Oberland. In die Kritik gerät dabei oft auch die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK). Doch es ist nicht die ENHK, die Projekte verhindert, sondern die Bundesverfassung setzt einen sehr ­engen Rahmen («‹Für geschützte Moore braucht es kein Gutachten›»). Der nächste Konflikt um den Moorschutz kündigt sich bereits an: Die Erhöhung der Grimsel-­Staumauer tangiert möglicherweise eine Moorlandschaft von nationaler Bedeutung. Die Frage, ob die Vergrösserung des Stausees zulässig ist, entscheidet aller Voraussicht nach das Bundesgericht.

Lukas Denzler

05 WETTBEWERBE
Rüchlig-Areal im Limmatfeld Dietikon

10 MAGAZIN
Schaltzentrale Projektoffice | Online-Kataster zeigt Solarpotenzial | Fahrt beendet | ­Leserbrief | Von fiktionalen Wänden

16 FOLGENREICHE INITIATIVE
Lukas Denzler
Seit der Annahme der ­Rothenthurm-Initiative durch die Schweizer ­Bevölkerung 1987 sind Moore und Moorlandschaften von gesamtschweizerischer Bedeutung durch die Bundesverfassung ­so strikt geschützt, dass keine Interessenabwägung möglich ist.

19 TROCKNEN DIE MOORE AUS?
Helen Küchler, Meinrad Küchler, Ariel Bergamini
Moore sind auf einen intakten Wasserhaushalt angewiesen. Trocknet ein Moor aus, verschwinden die moortypischen Pflanzen.

22 «FÜR GESCHÜTZTE MOORE BRAUCHT ES KEIN GUTACHTEN»
Lukas Denzler
Herbert Bühl, Präsident der Eidg. Natur und Heimatschutzkommission, erläutert, welche Rolle die ENHK beim Moorschutz spielt, wie ein ENHK-Gutachten entsteht und welche Risiken mit der ein­geleiteten Energiewende verbunden sind.

27 SIA
Innenentwicklung ≠ Verdichtung | SIA-Form Fort- und Weiterbildung | Treffen mit Parlamentariern

31 PRODUKTE
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37 IMPRESSUM

38 VERANSTALTUNGEN

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