Zeitschrift

archithese 3.2006
Bauen für das Auto
archithese 3.2006
zur Zeitschrift: archithese
Herausgeber:in: FSAI
Verlag: niggli
Das Auto hat wie kaum eine andere Erfindung das Gesicht unserer Städte verändert – und nicht immer zum Guten. Riesige Verkehrsbauten sprengen den Massstab vieler Innenstädte, die durch den Individualverkehr ermöglichte Mobilität trägt zur Zersiedlung der Landschaft bei, grosse Verkehrsadern bilden schier unüberwindbare Schranken im urbanen Raum. Doch das Auto hat die Architektur auch in mancher Hinsicht bereichert. Die rationalisierte Herstellung gemäss Ford diente den Exponenten des industriellen Bauens als Vorbild. Architekten wie Walter Gropius und Jean Prouvé entwarfen neue Modelle für Autohersteller. Le Corbusier bezeichnete die Fiat-Fabrik Lingotto in Turin als Vorbild des modernen Städtebaus – und liess es sich nicht nehmen, gleich zwei Testfahrten auf der legendären Rennstrecke auf dem Dach zu absolvieren. Das Auto hat in den letzten hundert Jahren eine Vielzahl neuer, hoch differenzierter Bautypen generiert: Rennbahn und Drive-in, Motel und Tankstelle, Garage und Showroom... In jüngster Zeit sind mit neuartigen Auslieferungszentren, automobilen Erlebniswelten und ganzen Autostädten weitere Bauaufgaben hinzugekommen.
Thema dieses Heftes sind nicht städtebauliche oder verkehrstechnische Aspekte, sondern jene Bautypen, die im Zusammenhang mit dem Auto neu entstanden sind.

Ein kulturgeschichtlich orientiertes Essay und ein – naturgemäss lückenhaftes – Glossar sollen ein Streiflicht auf die Vielfalt bekannter Bauformen gewährleisten. Der Schwerpunkt des Heftes liegt indes bei aktuellen Bauten und insbesondere beim Aspekt der Inszenierung des Autos durch Architektur: Neben den bisher üblichen Showrooms, Messebauten und Garagen werden laufend neue, immer spektakulärere Anlagen entwickelt. Ein frühes Beispiel ist die VW-Autostadt in Wolfsburg, wo Herstellung, Auslieferung und Kauf des Autos zum Ereignis stilisiert werden. Heute nutzen viele Autokonzerne die Handschrift prominenter Architekten, um ihr Markenimage zu stärken. Das von Zaha Hadid entworfene BMW Zentrumsgebäude in Leipzig und das Mercedes-Benz Museum von UN Studio in Stuttgart, das im Mai dieses Jahres eröffnet wurde, erweisen sich als äusserst medienwirksam und daher auch als erstklassige Tourismusattraktionen. Das BMW Erlebnis- und Auslieferungszentrum von Coop Himmelb(l)au in München wird bereits jetzt, noch vor seiner Fertigstellung, als Teil eines riesigen Unterhaltungs-, Herstellungs-, Ausstellungs- und Verkaufskomplexes vermarktet.

Neben diesen Grossbauten soll eine Reihe kleiner, innovativer Projekte das Bild abrunden – eine Waschstrasse, die wie eine Laterne leuchtet, eine als Hügellandschaft ausgebildete Rolls-Royce-Fabrik, ein Showroom, der in eine Lärmschutz-wand integriert ist, ein multifunktionales Automuseum und weitere mehr. Und last but not least soll ein entfernter Verwandter des Autos zur Sprache kommen: Der Golf-Cart, der sich zurzeit in vielen gated communities der USA – und insbesondere in Siedlungen für ältere Menschen, die nicht oder nicht mehr Auto fahren dürfen – grosser Beliebtheit erfreut und die Raumentwicklung entscheidend beeinflusst. Redaktion

120 Jahre Auto, unzählige neue Bautypen
Architektur als Brand der Autoindustrie
Architektur und Auto – eine Kulturgeschichte
Inszenierung und Showrooms
UN Studio: Mercedes-Benz Museum, Stuttgart
Zaha Hadid: BMW Zentrumsgebäude, Leipzig
Coop Himmelb(l)au: BMW Welt, München
Zaha Hadid: Wissenschaftsmuseum «Phæno», Wolfsburg
Nicholas Grimshaw: Rolls Royce, West Sussex
ONL: Lärmschutzwand mit Showroom, Leidsche Rijn
Haack + Höpfner: Waschstrasse, Germering
Gigon/Guyer: Erweiterung Verkehrshaus Luzern
NL Architects: Roof RoadNT-Houses
Isa Stürm Urs Wolf: Automuseum, Teufen
Golf Cart als städtebaulicher Impuls

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niggli Imprint der Braun Publishing AG

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