Zeitschrift

archithese 4.2006
CAAD
archithese 4.2006
zur Zeitschrift: archithese
Herausgeber:in: FSAI
Verlag: niggli
Die digitale Revolution hat die Welt verändert und mit ihr die Architektur. Oder zumindest die Architekten: Schwankten Studierende im ersten Semester noch vor einem Jahrzehnt zwischen kabelgeführter Mayline und einfachem T-Lineal – und entschieden sich mehrheitlich vorerst für das günstige T-Lineal –, tragen heute alle einen Laptop unter dem Arm, der mit ungleich höheren Anschaffungskosten verbunden ist. Ohne CAAD (Computer Aided Architectural Design) geht in heutigen Architekturbüros gar nichts mehr. Mit seiner Hilfe werden Pläne und Visualisierungen gezeichnet, Kraftverläufe und Temperaturschwankungen simuliert, Lichtsituationen getestet, Kosten berechnet und Offerten erstellt. Die Kommunikation zwischen den am Bau Beteiligten hat sich beschleunigt, die Zusammenarbeit ist intensiver geworden. Dies bedeutet eine Befreiung von undankbarer Knochenarbeit und die Möglichkeit, sich auf andere Dinge zu konzentrieren – aber auch, wie Stefan Jauslins Essay in diesem Heft herausstreicht, eine neue Abhängigkeit der Architektinnen und Architekten von Softwareherstellern, die verständlicherweise wenig Interesse daran haben, die Situation zu entschärfen.

Doch inwiefern hat die Digitalisierung des architektonischen Alltags die Architektur selbst verändert? Sind neoorganische Blobs wirklich das letzte Wort? Wer in diesem Heft jene spektakulären Bilder sucht, die man im Zusammenhang mit CAAD zu sehen gewohnt ist, findet statt dessen Texte von Patrick Beaucé, Bernard Cache, Neil Leach und Peter Szalapaj – in den jeweiligen Orginalsprachen – sowie eine Positionierung des CAAD von Ludger Hovestadt. Hier soll es nicht primär darum gehen, wilde Formen zu zeigen, die ohne Computer nicht realisierbar gewesen wären. Vielmehr werden neue Möglichkeiten von Entwurf und Planung untersucht. In einem Interview legt Lars Spuybroek seine Idee einer neuen Architektur der Kontinuität dar. Der Beitrag von Fabio Gramazio und Matthias Kohler lässt erahnen, was geschieht, wenn Architektur nicht mehr gezeichnet, sondern programmiert wird – als Beispiel dient ein Industrieroboter, der mauern kann. Reto Durrer zeigt ein Projekt für anpassbare städtische Abfallcontainer, welches das Potenzial, aber auch die Grenzen des parametrischen Entwerfens illustriert.

Mit Mass Customization beschäftigt sich auch Oliver Fritz, der vor allem die Umsetzung in die Praxis thematisiert: Genaue Planung vorausgesetzt, gibt es heute dank computerunterstützter Bauproduktion (Computerized Numerical Control) keinen Preisunterschied mehr zwischen Standard- und Ausnahmeelementen. Dies beschert der Vorfabrikation ungeahnte neue Möglichkeiten, die nicht zuletzt auch das konventionelle Berufsbild des Architekten in Frage stellen – zumal sich in der engen Zusammenarbeit mit Spezialisten und ausführenden Firmen auch die Kompetenzbereiche zwischen den Beteiligten verschieben müssten.

Für eine neue Art der Kooperation plädiert auch der Ingenieur Mutsuru Sasaki, der mittels digitaler Technologie komplexe Tragkonstruktionen für Toyo Ito und andere international tätige Architekturbüros entwirft – obschon sich seiner Meinung nach, wie er in einem Beitrag von Marco Rossi erläutert, die Art und Weise der Zusammenarbeit trotz neuer technischer Werkzeuge bisher kaum verändert habe. Eine ungewöhnliche Perspektive eröffnen schliesslich Friedrich von Borries, Matthias Böttger und Steffen P. Walz hinsichtlich der Anwendung von Computerspielen in der Stadtplanung. Redaktion

2 Editorial
10 Offene Standards statt Survival of the Fittest
Zur Rolle der Computertechnologie in der Architektur | Stefan Jauslin
14 Innovative Technologie, traditionelle Arbeitsteilung
Zum Verhältnis von Architekt und Ingenieur | Marco Rossi
20 Flexibler Schinkel
Lars Spuybroek im Gespräch | Judit Solt
26 Handwerk im Computerzeitalter
CAD als Bindeglied zwischen Entwurf und Produktion | Oliver Fritz
32 Die Informierung von Architektur
Die Programmierte Wand – ein Forschungsbericht | Fabio Gramazio, Matthias Kohler
34 An den Grenzen der Standardisierung
Parametrisches Entwerfen: städtische Abfallcontainer | Reto Durrer
40 Ausweitung der Schiesszone
Computerspiele im urbanen Raum | Friedrich von Borries, Matthias Böttger, Steffen P. Walz
44 Digital Morphogenesis
A new paradigmatic shift in architecture | Neil Leach
50 Vers un mode de production non-standard
Géométrie complexe et architecture | Patrick Beaucé, Bernard Cache
56 Digital Reality
Computing and alternative design proposals | Peter Szalapaj

Traductions

62 Aux confins de la standardisation
La paramétrisation du projet – un exemple | Reto Durrer
64 David Chipperfield Architects
Musée de la littérature moderne, Marbach, 2006
Judit Solt

Architektur aktuell

66 huggen_berger architekten
Schulhauserweiterung, Uetikon, 2005 | Katja Hasche
70 David Chipperfield Architects
Literaturmuseum der Moderne, Marbach, 2006 | Hans-Jürgen Breuning

Rubriken

76 CAAD Spezial
Strategien zur Überwindung des Rasters
33 Episoden über Architektur und Information | Ludger Hovestadt
86 Baugeschichten
Synthese von Architektur und Pädagogik
Die Schule von Hans Scharoun in Marl scheint gerettet | Hubertus Adam
Buchrezensionen
88 Renaissance der Mitte | Harald Bodenschatz
90 Offensive Architektur | Frank Peter Jäger
92 fsai
98 Neues aus der Industrie
103 Lieferbare Hefte
104 Vorschau und Impressum

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Weiterführende Links:
niggli Imprint der Braun Publishing AG

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