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fasch&fuchs.architekten
Wien (A)

Die Logik des Paßgenauen

Immer wieder überraschende Raumlösungen, immer bezogen auf den Ort, funktionell begründet und konstruktiv avanciert. Das Ergebnis: fließende helle Räume und kompakte Körper von höchster Leichtigkeit und Eleganz. „fasch & fuchs.“ Ein Porträt.

17. August 2002 - Karin Tschavgova
Schnittige, zuweilen kryptische, einfach nur originell sein wollende Firmennamen kennzeichnen viele Büros der jüngeren Generation von Architekten. Zu einem neuen Verständnis des Architektenberufs gehören offensichtlich eine Corporate Identity, ein repräsentatives Büro, eine coole Website und ein auffallender Gruppenname.

„fasch & fuchs.“ geben sich diesbezüglich lapidar und zurückhaltend. Ihr Name leitet sich von den beiden Bürogründern Hemma Fasch und Jakob Fuchs ab, und ihr Büro starteten sie 1994, leise wie konsequent, mit der Teilnahme an einer Reihe von Wettbewerben. Aufgefallen sind sie durch ihre erfrischenden Entwürfe, die sich, oberflächlich betrachtet, durch betont konstruktive Durcharbeitung, ungewöhnlich windschlüpfige Querschnitte und Landschaftsgebundenheit auszeichnen.

Tatsächlich fallen die überaus hohe Anzahl an Wettbewerbsbeteiligungen und ihre häufigen Prämierungen auf. Dem liegt einmal ein großes vorwärtsstrebendes Wollen zugrunde - gewinnen wollen, bauen wollen - und dann die Überzeugung, daß das offene, anonyme Wettbewerbsverfahren als weitestgehend objektives Instrumentarium nicht arrivierten Architekten die größten Chancen bietet. Nachdem die ersten realisierten Bauaufgaben der beiden auf Direktbeauftragung zurückgehen, ist anzunehmen, daß sie den Zweck solch aufwendiger und kostenintensiver Wettbewerbsteilnahmen auch darin sahen, Erfahrungen zu sammeln in der Umsetzung typologischer Aufgabenstellungen im Kontext der jeweiligen Randbedingungen.

Versucht man, die Arbeitsweise von fasch & fuchs. eingehender zu entschlüsseln, etwaige Entwurfsprinzipien, einen theoretischen Ansatz, Analogien zwischen dem einen oder anderen Projekt zu orten, so erkennt man bald, daß sie für sich nur wenige verbindliche Prämissen aufstellen. Jede Arbeit entwickelt sich aus der spezifischen Aufgabenstellung, aus der Verknüpfung funktioneller Anforderungen mit den gegebenen Randbedingungen und vor allem aus dem Erforschen des Ortes und seiner Topographie - und zwar im steten Bestreben, einen Kontext zur Umgebung herzustellen, mehr noch, durch das Einfügen des Neuen das Besondere eines Ortes zu akzentuieren. Das paßgenaue Resultat in den meisten der vorliegenden Entwürfe verweist auf einen stringenten selektiven Formfindungsprozeß. Den- noch ist man, wie Jakob Fuchs anmerkt, selbst immer wieder erstaunt über „die Logik einer Lösung als einzigmögliche“.

Aus diesem Verständnis heraus läßt sich der von der Jury 1998 mit dem Ersten Preis prämierte und zur Realisierung vorgeschlagene Neubau im Kaiserin-Elisabeth-Spital lesen, den der Spitalserhalter der Stadt Wien leider nicht umsetzt. Der geforderte OP-Trakt wurde ins Gelände eingeschnitten und durch Höfe gegliedert. Begrünte, bepflanzte Dachflächen als künstliche Landschaft hätten den Park in seiner ursprünglichen Dimension erhalten.

Nicht zuletzt diese zurückgenommene Haltung zeigt, daß fasch & fuchs. zu jenem Typus von Architekten zählen, der sein Können als Handwerk versteht - meisterlich, aber frei von jeglicher Künstlerattitüde und ohne Bedürfnis, einen unverwechselbaren Personalstil zu kreieren.

Deutlich wird die Arbeitsweise der beiden Architekten auch am Entwurf zur Umwandlung des nicht mehr funktionstüchtigen Hallenschwimmbades an der Pädagogischen Akademie des Bundes in Salzburg in eine Bibliothek. Eine spannende Bauaufgabe, die aus dem
Ersten Preis eines Gutachterverfahrens hervorging und bis Herbst dieses Jahres fertiggestellt sein wird (Projektteam: G. Bösch, Th. Mennel, f & f). Im Gegensatz zu vielen anderen Vorschlägen war ihnen wichtig, die räumliche Qualität des Schwimmbades zu erhalten - als Erinnerung, keinesfalls als Gag.

Mit feinem Gespür für die Möglichkeiten, die der überhohe, helle Raum aus den siebziger Jahren eröffnete, fanden sie zu einer unkonventionellen Lösung, die räumlich, funktionell und formal schlüssig ist. Der Technikraum unter dem ehemaligen Becken wurde zum Bücherspeicher, die Mehrzahl der Bücher wird in zweigeschoßigen Lagerregalen untergebracht, die aus dem Beckengrund zu wachsen scheinen und im oberen Bereich über Glasstege vom Beckenrand aus zugänglich sind. Darüber wird, für zusätzlich geforderte Räume der Informatik, eine Decke in einer leichten Stahlkonstruktion eingehängt. Diese Ebene ist in verglaste Räume und offene galerieartige Verkehrsflächen gegliedert, die mobile Arbeitsplätze enthalten. Beide profitieren von der Weite und Offenheit des Großraums. Der Bezug zum Außenraum mit der schönen Aulandschaft ist genauso gegeben wie die direkte Belüftung. Entstanden ist ein in sich stimmiger Raum, dem die Mühen seiner Adaption nicht mehr anzusehen sind.

Wie aber erklärt sich die starke, eigenwillige Handschrift, die die Arbeit von fasch & fuchs. charakterisiert? Was formt sie, was ist das Unverwechselbare an ihr? In Juryprotokollen werden die Entwürfe der beiden als elegant, spannend, plastisch beschrieben, wird ihnen „hohe räumliche Qualität und gekonnte skulpturale Durchbildung“ konzediert. Nun entsteht aber bei fasch & fuchs. die Form nie als Skulptur per se, ist nie Zeichen einer selbstbezogenen hermetischen Haltung.

Form entwickelt sich aus der inneren Organisation eines Gebäudes, aus der Differenzierung nach Größeneinheiten, Abständen, Raumhöhen und Lichteinfall. Sie ist immer Ergebnis eines Prozesses, bei dem tradierte Haltungen und Typologien hinterfragt und bei Bedarf auch verworfen werden. Alle ihre Entwürfe gehen einen Dialog mit dem Vorgefundenen ein. Das Gelände kann auf verschiedenste Weise zum integrierten Bestandteil des Entwurfs werden. Aufgewertet, wenn sie das Dach einer bestehenden Parkgarage zum „urbanen Feld im Sinne eines Platzes“ (Juryprotokoll) machen. Unmittelbar, wenn es unter dem aufgeständerten Gebäude der Österreichischen Botschaft in Berlin durchfließt und zur Bedeutungsebene für den Anspruch auf Offenheit und Grenzenlosigkeit wird. Oder gefiltert, wie beim Sophienspital, wo der schlanke Trakt am Rande des Areals eine transparente Schicht bildet zwischen der ruhigen innenliegenden Parklandschaft und dem verkehrsreichen Europaplatz - nicht aber eine Zäsur. Transparenz ist dort ein Thema, wo die Gebäudehaut kaum merklicher Übergang zu einem attraktiven Außenraum sein soll, ist aber ebensowenig ideologisch determiniert wie die Technik, in der fasch & fuchs. wie Renzo Piano ein Instrument für die Architektur sehen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Mit dem Architekten des Kansai International Airport verbindet sie auch die Betonung des Konstruktiven, die Freude an ausgereiften, feingliedrigen Tragstrukturen. Was sich an der Busgarage, dem Siegerprojekt eines von den Wiener Linien 1999 ausgelobten Wettbewerbs (Projektteam: G. Bösch, F. Hof bauer, E. Klein, K. Krummlauf, M. Waldner, f & f, Statik: Werkraum), zeigt. Zwei Funktionstrakte für Verwaltung und Werkstätten werden durch ein gefaltetes Membrandach stützenfrei verbunden. Die beeindruckenden Dimensionen betonen die Leichtigkeit der Konstruktion, die mit Seilen unterspannt und nur an wenigen Punkten mit dem Boden verankert ist.

An ihren Arbeiten läßt sich generell, nicht theoretisch überfrachtet, eine Lust am Aufbrechen normierter Vorstellungen, an unorthodoxen Ansätzen erkennen. Etwa im Versuch, Raumeinheiten unterschiedlichster Anforderungen miteinander zu verweben und als offene, ineinanderfließende Bereiche erlebbar zu machen. Das Ergebnis: kompakte Körper, dabei von höchster Leichtigkeit und Eleganz. Mal sind sie fest verankert im Boden; in die Landschaft ausgreifend werden sie Teil derselben. Dann wieder scheinen sie zu schweben und ähneln, mit einem Mindestmaß an Bodenhaftung, pneumatischen Hüllen. Ihr jüngster Erfolg, der prämierte Entwurf für ein Kindermuseum im Grazer Augarten, wird von den Verantwortlichen der Stadt begeistert mitgetragen und bis Herbst 2003 realisiert. Leichtfüßig wächst der Baukörper aus dem Parkgrün und verdeutlicht, was Otto Kapfinger mit „Sie entwerfen Gebäude wie Karosserien, wie kompakte Chassis für leichte Cabriolets“ charakterisiert. Doch die außergewöhnliche Form erklärt sich wiederum aus baurechtlichen und funktionellen Vorgaben und der Qualität des Ortes.

Es ist die Kraft der formalen Durchbildung, die das Funktionelle, Pragmatische adelt und die Bauten von fasch & fuchs. zu zeitlosen Wegmarken werden läßt. Die bis jetzt umgesetzten Bauaufgaben lösen dieses Versprechen ein. „The only absolute is Change - Growth - Life.“ Dieser Ausspruch des kalifornischen Architekten John Lautner, der ihre Homepage einleitet, läßt noch viel Überraschendes erwarten.

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fasch&fuchs.architekten , Foto: Hans Labler