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Wien (A)

Sehnen, Knochen, Cabrios

Die Lust am Normbruch zeichnet sie aus, das Bedürfnis nach unorthodoxen Ansätzen: die Architekten Fasch & Fuchs. Jetzt bekommen sie den Preis für Architektur der Stadt Wien. Zu Recht.

14. November 2009 - Karin Tschavgova
Den Arbeiten von Fasch & Fuchs wird hohe räumliche Qualität und gekonnte skulpturale Durchbildung zugeschrieben, ihre Entwürfe gelten als elegant und spannend. Tatsächlich gelingt es den beiden Architekten Hemma Fasch und Jakob Fuchs, die mit Büros in Wien und dem steirischen Hausmannstätten für das lapidare Kürzel stehen, immer wieder, uns zu überraschen.

Ihre Gebäude sind das Ergebnis einer fundierten Beschäftigung mit jeder Bauaufgabe. Dabei lässt sich ein generelles Interesse, ja geradezu eine Lust am Aufbrechen normierter Vorstellungen und ein Bedürfnis nach unorthodoxen Ansätzen und ungewöhnlichen Raumlösungen erkennen. Die Öffnung des Blickfelds erlaubt neue Interpretationen von Funktionalität und führt zu Ideen, die erfrischend unverbraucht sind, etwa wenn Raumeinheiten mit unterschiedlichsten Anforderungen miteinander verwoben und als offene, ineinanderfließende Bereiche erlebbar werden. An der Sonderschulein Schwechat bildet der Turnsaal das mehrgeschoßige, vom Pausenfoyer aus einsehbare Zentrum des Hauses und wird zur erlebnisreichen Erweiterung des Bewegungsraums Behinderter.

Vergleicht man die Bauten und Projekte von Fasch & Fuchs, gewinnt man den Eindruck, dass die Architekten sich die Freiheit im Entwerfen weder durch starre theoretische Ansätze noch durch selbst auferlegte Entwurfsprinzipien einschränken lassen wollen. Dennoch – und das ist erstaunlich – zeigen alle Arbeiten in ihrer Vielgesichtigkeit eine starke, eigenwillige Handschrift. Das Originäre, Unverwechselbare, formt sich auswenigen Grundsätzen: aus dem Anspruch, jedes Gebäude in einen landschafts- oder stadträumlichen Kontext einzubetten. Alle ihre Entwürfe gehen einen Dialog mit dem Vorgefundenen ein. Das Gelände kann auf verschiedenste Weise zum integrierten Bestandteil des Entwurfs werden. Wenn das Dach einer bestehenden Parkgarage zum „urbanen Feld im Sinne eines Platzes“ gemacht wird, wie beim Wettbewerbsprojekt des Zentral-medizinischen Forschungsgebäudes am Gelände des Grazer Landeskrankenhauses. Wenn es unter dem aufgeständerten Bau der Österreichischen Botschaft in Berlin durchfließt und zur Bedeutungsebene fürden Anspruch auf Offenheit und Grenzenlosigkeit wird. Oder als „Bett“, wenn, wie beim Kindermuseum in Graz, das Terrain abgegraben und neu moduliert wird, um ein Gebäude in Höhe und Volumen zurückzunehmen, damit es Sichtbarriere im Park ist.

Grundsätzlich scheinen sie leicht anmutende Gebäude entwerfen zu wollen. Hemma Fasch und Jakob Fuchs, die sich als Assistenten auf Helmut Richters Lehrstuhl für Hochbau an der Technischen Universität Wien kennengelernt haben, stehen für eine strukturelle Architektur, die Tragkonstruktion und Hülle trennt und ihr auf ein ökonomisch vertretbares Minimum reduziertes, schlankes Skelett nicht versteckt. Typisch für ihre Entwürfe ist das Bestreben, Lösungen zu finden, die natürliches Licht und Sonne bis in innenliegende Kernzonen bringen. Um den Lichteinfall zu optimieren, werden Fassaden schräg gestellt, Oberlichtbänder eingezogen und kleine Höfe eingezogen. All das formt jenes dynamische, windschlüpfrigeSchnittprofil, das bereits zu ihrem Markenzeichen geworden ist. „Sie entwerfen Gebäude wie Karosserien, wie kompakte Chassis für leichte Cabriolets, die ihre Sehnen und ihren Knochenbau spüren lassen, die sichtbar auf Sonne und Wetter, auf Stadt und Gelände reagieren können“, beschreibt Otto Kapfinger die Arbeit von Fasch & Fuchs. Treffender kann man sich ihrer „Lust an der ingeniösen Konstruktion“ nicht nähern. Ihre feingliedrigen Konstruktionen, die immer in enger Zusammenarbeit mit dem Tragwerker Peter Bauer von „Werkraum Wien“ entwickeltwerden, sind nie überzogen, nie Selbstzweck und schon deshalb nicht seelenlos technoid.

Zwei ihrer anspruchsvollsten Bauten sind in Wien situiert – vermutlich auch ein Grund,warum ihnen am Montag von der Stadt Wien der Preis für Architektur 2009 zuerkannt wird. Fasch & Fuchs. haben die zentrale Busgarage in der Leopoldau gebaut. Bei einem derartigen Entwurf leiten sich wesentliche Parameter aus der Forderung nach höchster Funktionalität ab: dem reibungslosen Ablauf von Ein- und Ausfahrten, der Reinigungsmöglichkeit der Busse und der regelmäßigen Kontroll- und Wartungsarbeiten. Das Verkehrskonzept, also die Wegeführung, bestimmte ganz wesentlich die Positionierung und Ausformung der Baukörper, Sicherheitsanforderungen im Umgang mit Flüssiggas kamen hinzu.

Die Architekten fokussieren den Entwurf auf zwei ihrer Generalthemen, die in allen Bereichen der Garage mit Konsequenz und Sorgfalt bearbeitet werden. Die Tragkonstruktion der Dächer wird, ihrer Bedeutung entsprechend, zu etwas Besonderem: Schlank und fragil scheint sie durch Faltung, durch Knicke und die ökonomisch begründete Schrägstellung der Trennwände dynamisch bewegt – der die Garage determinierende, sich täglich wiederholende Bewegungsfluss ist umgesetzt in eine aufs Notwendigste reduzierte, aber konstruktiv anspruchsvolle Hülle. Das zweite Thema ist die Lichtführung, die in der Verwaltung wie in den Werkstätten die Raumwirkung und damit dasArbeitsklima merkbar positiv beeinflusst. Es ist genau diese, dem Gebäude ablesbare Freude am konstruktiven Gestalten, die der Busgarage einen architektonischen Mehrwertverschafft und den Wiener Linien die Möglichkeit gibt, die Identität, die über die Bautender U-Bahn geschaffen wurde, auf den Bereich der Busse zu übertragen.

Ein zweiter Bau in Wien entsteht gerade an prominenter Stelle – die Schiffsanlegestelle für die Linienschiffsverbindung nach Bratislava. Die Anlegestelle am Kai des Donaukanals ist vom Schwedenplatz aus erreichbar. Sie verbindet die Randzone des Platzes, den Kai, mit dem Vorkai auf der Höhe des Ein- und Ausstiegs mit einer lang gestreckten Stahlkonstruktion. Sanft abfallende Rampen und Zwischenniveaus bilden den Weg zum Bauwerk. Alle Bereiche – Ticketverkauf, Shops, Café, Lounge und Restaurant – werden an einer Bewegungsachse liegen, die ganz sicher attraktive Fensterplätze für die Wartenden bieten wird. Noch liegt oder präziser: schwebt dieses Rampenbauwerk alsnackter Torso über dem Vorkai, und manch einer wird sich erst an diesen „Parasiten“ gewöhnen müssen, ehe verstanden werden wird, dass er ein respektvoller Gast ist, der weder den Platz dominiert noch die historische Uferbebauung zum Verschwinden bringt. Die Bauten von Fasch & Fuchs. sind nie selbstbezogene, hermetische Objekte, sondern „selbstbewusste Raumgestalten“ (Otto Kapfinger), die aus der Umgebung, auf die sie sensibel reagieren, entstehen.

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fasch&fuchs.architekten , Foto: Hans Labler