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Entlein im Visier
Der Standard

Was tun mit einer schäbigen Bungalow-Hütte aus den Siebzigern? Einem Bauherrn mit höchsten Ansprüchen gestaltete Architekt Wolfgang Buchgraber das alte Badehäuschen um und sorgte für frische Lebensfreude am alten Schotterteich - für jede Wetterlage.

29. September 2007 - Isabella Marboe
„Ich arbeite oft 24 Stunden durch“, sagt der Bauherr. Zum Ausgleich brauchte er daher einen Ort zur totalen Entspannung, am besten an einem See. Der radikale Tapetenwechsel vom Gewusel der Stadt in die weltentrückte Weite am Wasser musste sich rasch vollziehen lassen. „Ich wollte in weniger als 25 Minuten von einem Umfeld ins andere.“ Also graste er die Baggerseen südlich von Wien ab und fand sein Idealgrundstück schließlich bei Münchendorf.

Zwar misst die Parzelle nur 33 mal zehn Meter, doch dafür verfügt sie über einen Direktzugang zum See. Allein, der bescheidene Bungalow aus den Siebzigern bedurfte eines ordentlichen Faceliftings. Der Bauherr wollte nur eines: „Das Wasser immer vor Augen haben und die Enten vorbeischwimmen sehen.“ Diesen hehren Freizeitansprüchen konnten das eine Fenster und die eine Tür unterm massiven Dach nicht genügen. „Mit seinen kleinen Fenstern war das Haus früher wie eine Höhle“, erklärt Architekt Wolfgang Buchgraber, „ich wollte maximalen Naturbezug und das Wasser zum gestalterischen Element machen.“

Auch der einstige kleinteilige Grundriss mit seinen aufgefädelten Schlafkammern war vom erwünschten Raumerlebnis meilenweit entfernt. Im Zuge des Umbaus waren auf den 47 Quadratmeter Wohnfläche für Familie und Freunde insgesamt sechs Schlafplätze gefordert - keine leichte Aufgabe. „Ein Badehaus lebt vom See, man hält sich vor allem im Freien auf“, sagt Buchgraber. Und so wurde der Freiraum einfach ins Konzept integriert.

Der Bestand wurde thermisch saniert, neu verputzt und sandfarben gestrichen. Rundum wurde er mit neuen Fenstern versehen, südseitig wurde er sogar raumhoch verglast. Innen dominieren nun Nussholz sowie flexibles, anthrazitgraues Mobiliar.

Spiel mit Elementen

Um den Freiraum zu mehren, wurde das Vordach verlängert und mit einem horizontal gegliederten Fries aus Bankirai-Holz eingefasst. Ein breiter, gedeckter Umgang führt nun rund ums Haus. Eine Natursteinmauer aus feinem chinesischem Schiefer, der in allen erdenklichen Terrakotta-Nuancen schimmert, inszeniert den Weg entlang der Grundgrenze. Davor spielen ein nirobeschichteter Open-Air-Kamin und ein Wasserbecken mit den Elementen.

Der Stein weckt beim Bauherrn Erinnerungen an den Urlaub auf Korsika. Nicht zuletzt ist dies der Architektur zu verdanken: „Ich wollte eine Bühne fürs leichte Leben am See schaffen“, sagt Wolfgang Buchgraber. Der Sonnenschutz, der von verschiebbaren Aluminiumpaneelen gerahmt wird, ist gleichsam ein Vorhang, der den Seeblick optimal in Szene setzt.

Der Naturstein findet sich als Gestaltungselement auch im Inneren wieder. Die Steinmauer zieht sich vom Wohnraum bis zur Terrasse vor. Dort bildet sie eine höhlenartige Nische, in der wasserfeste Möbel stehen.

Der Großteil des Hauses ist flexibel gestaltet und lässt sich in der warmen Jahreszeit ins Freie verlängern. Zum spärlichen Fixmobiliar zählen Kästen und Doppelbetten, die sich nach Schlafwagenprinzip jederzeit hochklappen lassen. Damit wird der Wohnraum zur Ruhestatt am Wasser. „Im Sommer dort aufwachen, ist herrlich. Und nachts im See zu schwimmen, ist wie Urlaub am Meer.“

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