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„Es gibt so viele gleiche Gebäude“
Der Standard

Jean Novel zeigt als Festredner der ZV neue Perspektiven für die Architektur

12. November 2007 - Isabella Marboe
Im Semperdepot feierte die Zentralvereinigung der Architekten Österreichs (ZV) ihren 100. Geburtstag, dazu gratulierte der französische Architekt Jean Nouvel mit einem Festvortrag. Gerfried Sperl (der Standard) moderierte mit der Verve seiner Architektur-Begeisterung, der Saal war voll, die Stimmung prächtig, Bundespräsident Heinz Fischer gratulierte per Videobotschaft, Bundesministerin Claudia Schmied war wirklich da und bekannte sich klar zur Baukultur.

Nach einer kurzen Doppelconférence mit Hans Hollein von Star zu Star und Turmbauer zu Turmbauer legte Nouvel dann los. Er plant den neuen Uniqa Tower gegenüber von Holleins Hochhaus am Donaukanal. Subtil zielte er seinen Vortrag in Richtung der geänderten Zukunftsvisionen dieses Turms. „Es gibt so viele gleiche Gebäude in der Welt. Die Schlüsselfrage der heutigen Architektur ist, an jedem Bauplatz mit der Geografie, Kultur und Geschichte des Ortes in Dialog zu treten“, betonte Nouvel. Mit diesem sehr kontextuellen Ansatz war es ihm kontinuierlich gelungen, sich nicht zu wiederholen und mit jedem Bau neue Maßstäbe zu setzen. Auch in Österreich. Schlüssig ließ er die Projekte, die er zeigte, aus Bildern ihrer Umgebung entsteigen und spannte so einen Bogen bis zum krönenden Finale.

1998 setzte er für die SEG einen hölzernen Wohnbau mit Rankgittergerüsten an die Leopoldauer Peripherie. An einem Friedhof in der Bregenzer Vorstadt plante er für die Interunfall ein Büro-und Wohnhaus, in dem eine raffinierte Fassade aus beweglichen Lamellen Licht-Schatten-Spiele erzeugt. Im Innenhof schafft ein Oberlicht Atmosphäre.

„Ich hatte Angst, dass es klaustrophobisch wird,“ bekennt Nouvel in Bezug auf seinen Bauteil in den Wiener Gasometern. Also entwickelte er eine reflektierende Fassade, die möglichst viel Licht in die Wohnungen bringt. Auch der Uniqa-Tower wird alles andere als eine banale Scheibe, sondern eine vertikale Screen, die vielschichtig den Blick auf Dom und Innenstadt feiert.

Stadtraumbereichernd fußt ihr Sockel mit grünen Innenhöfen auf Wiener Boden, darüber hebt lichtdurchlässig transparent die Nordfassade ab. Als eindrucksvoller gläserner Keil ist die Lobby eingeschnitten. Ihre Decke und die schwebende Untersicht des Panoramarestaurants wird Pipilotti Rist gestalten. 20 Prozent ihrer Kunst am Bau wird beweglich sein. Wieder neue Perspektiven für die Architektur.

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