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Smarte Wohnung, unsmarte Etikette
Der Standard

Eine Anlage mit 245 Wohnungen darf ihr ökologisches Potenzial nicht erfüllen

1. März 2017 - Wojciech Czaja
Wien – „Wenn wir von jungem Wohnen sprechen“, sagt Ewald Kirschner, Generaldirektor der Gesiba, „dann vor allem von Smart-Wohnungen, also von der Kombination aus kompakten Grundrissen und verträglichen Bruttomieten.“ Die von der Gesiba entwickelten Wohnbauten auf den Parzellen G2 und G3 umfassen 138 geförderte Mietwohnungen, 61 Smart-Wohnungen sowie 46 Gemeindewohnungen neu. Die monatliche Miete für die 47 bis 73 Quadratmeter großen Wohneinheiten liegen unter 7,50 Euro pro Quadratmeter.

Der Gesiba-Bauteil zeichnet sich schon jetzt durch soziale Kompetenz aus, handelt es sich doch um ein kooperativ entwickeltes Projekt der Architekten Georg Reinberg, Huss Hawlik, Sophie und Peter Thalbauer sowie des Wiener Büros Superblock. Das Programm umfasst nicht nur Wohnungen, sondern auch Gemeinschaftsräume, Geschäftsflächen und Arztpraxen. Sogar drei nächteweise anmietbare Gästezimmer für den Tantenbesuch aus Vorarlberg sind geplant. Ein bestehender Altbau, in dem sich einst die Dienstwohnungen der Gaswerkmitarbeiter befanden, soll revitalisiert und ins Gesamtkonzept einbezogen werden. In Erinnerung an die ehemalige Nutzung soll er gelb und resedagrün gestrichen werden.

„Die größte Besonderheit ist die gute, intelligente Flächenwidmung auf diesem Areal“, erklärt Architekt Andreas Hawlik. „Pro Bauplatz durften wir deutlich mehr Kubatur als Wohnnutzfläche entwickeln. Das hat die Bauträger angespornt, die Dichte nicht komplett auszureizen, sondern auch alternative Nutzungen einzuplanen. Es ist eine schöne Wohnhausanlage – und keine Paragrafenorgie mit Gaupen, Erkern und Balkonen.“

Einen Schönheitsfehler gibt es dennoch. „Der Bauträger-Wettbewerb hat vorgesehen, dass die hier tätigen Architekten Arbeitsgruppen bilden und gemeinsam Ideen für Städtebau, Freiraumplanung und alternative Energiegewinnung entwickeln“, erzählt Reinberg. „Es sind komplexe, ausgetüftelte Konzepte entstanden. Wir wollten ein Forschungsprojekt in die Praxis umsetzen und mithilfe solarer Energie umweltfreundlich Gas produzieren. Doch kurz vor Ende wurde das Projekt von Wien Energie und Wiener Netze gestoppt.“

Grund: Die Anlage sei unwirtschaftlich, denn russisches Gas sei derzeit sehr billig. „Das ist eine vertane Chance“, so Reinberg. „Erst lässt man die Architekten unentgeltlich arbeiten und lädt sie ein, Pionierarbeit zu leisten, und dann sagt man Danke. Das ist nicht nachhaltig, sondern frustrierend.“

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Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

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