Der «Louvre der Armen» wird wiederbelebt

Paris erhält ein neues Kulturzentrum: Der Luxusgüterkonzern LVMH will im ehemaligen Musée national des arts et traditions populaires ein Museum und Konzertsäle einrichten.

Marc Zitzmann
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2005 wurde das Musée national des arts et traditions populaires geschlossen. 2020 soll es unter neuer Regie wiedereröffnet werden. (Bild: Gregory Boissy)

2005 wurde das Musée national des arts et traditions populaires geschlossen. 2020 soll es unter neuer Regie wiedereröffnet werden. (Bild: Gregory Boissy)

Der kalifornische Stararchitekt und Pritzkerpreisträger Frank O. Gehry soll den ehemaligen Sitz des 2005 geschlossenen Musée national des arts et traditions populaires in Paris umbauen. Wie am Mittwoch bei einer Pressekonferenz des französischen Präsidenten, der Kulturministerin und der Pariser Bürgermeisterin angekündigt, dürfte 2020 die «Maison LVMH» in den Gebäudekomplex einziehen. Das Kulturzentrum soll für verschiedene Kultursparten offen sein. Geplant ist ein 2600 Quadratmeter grosser Riesenraum für Konzerte mit bis zu 4000 Besuchern oder für Ausstellungen von Monumentalwerken sowie ein mit 680 Quadratmetern noch immer stattlicher «kleiner» Saal.

Kunsthandwerk im Fokus

Das Besondere des Zentrums, das vom weltgrössten Luxusgüterkonzern getragen wird, soll indes der Fokus auf Kunsthandwerk sein. Eine «académie des métiers d'art et des savoir-faire» soll einschlägige Dokumente sammeln. Ateliers, die von spezialisierten Handwerkern geleitet werden, könnten Jugendliche – auch aus sozial benachteiligten Vorstädten – an die entsprechenden Berufe heranführen. Dieser Fokus passt zum Profil des Konzerns, der die Hälfte seines Gewinns mit dem Koffer- und Lederwaren-Hersteller Louis Vuitton macht. Er knüpft aber auch an die Geschichte des einstigen Museums an, das Kunst und Gebräuche von Frankreichs Bauern und Kunsthandwerkern beleuchtete.

1937 durch den Ethnologen und Museologen Georges Henri Rivière gegründet, zog das Musée national des arts et traditions populaires 1972 in einen modernistischen Neubau des Architekten Jean Dubuisson um. Wegen chronischen Besucherschwunds wurde der «Louvre der Armen» 2005 endgültig geschlossen und seine Sammlung jener des neugegründeten Musée des civilisations de l'Europe et de la Méditerranée in Marseille eingegliedert. Gehry plant nun eine tiefgreifende Restrukturierung des Inneren. Das Äussere soll weitgehend beibehalten werden. Einzig im Norden soll eine neue Monumentaltreppe zum Jardin d'Acclimatation, einem Freizeitpark aus dem 19. Jahrhundert, hinführen; zudem wird allen Fassaden eine Glashaut vorgehängt.

Arnaults Kulturimperium wächst

Die auf 158 Millionen veranschlagten Umbaukosten trägt LVMH. Im Gegenzug gewährt die Stadt dem Konzern eine fünfzigjährige Konzession für die Nutzung des Baus. Bernard Arnault, der Gründer von LVMH, erweitert damit seine Kultur-Domäne im hochherrschaftlichen Nordwesten von Paris. Dort betreibt er bereits den Jardin d'Acclimatation und vor allem seit 2014 die Fondation Louis Vuitton – eine ambitiöse, zahlungskräftige Kulturstiftung, die in einem ikonischen Bau von Frank Gehry untergebracht ist.