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LiSA: Zwischen Wunsch und Kostenwirklichkeit
Der Standard

Der Verein LiSA („Leben in der Seestadt Aspern“) hat in Kooperation mit einem gemeinnützigen Bauträger und diversen Planern und Beratern ein Wohnheim errichtet. Das architektonische Konzept überforderte dabei einige.

22. April 2017 - Michael Kerbler
Als wup_wimmerundpartner an der Konzeption dieses speziellen Wohnbaus zu arbeiten begannen, war von einer Baugruppe noch nicht die Rede. „Wir haben ein einfaches Haus entwickelt, das aber sehr flexibel ist, das stark erweitert werden kann, mit sehr vielen Grünflächen und mit sehr vielen Möglichkeiten, andere Nutzungen unterzubringen“, sagt Architekt Bernhard Weinberger. Danach ging man auf Grundstücksuche. Es war die Wien 3420 Aspern Development AG, die „wup“ darauf aufmerksam machte, dass das Konzept ideal auf die Bedürfnisse einer Baugruppe eingehen würde. „Daher“, so Weinberger, „haben wir uns mit „raum & kommunikation“ in Verbindung gesetzt und uns gemeinsam für ein Baufeld in Aspern beworben.“

Als der Zuschlag erfolgte, hat „raum & kommunikation“ den „anfangs etwas mühevollen Suchprozess“ nach einer Baugruppe unterstützt, erinnert sich Teammitglied Regina Gschwendtner: „Die Gruppe ist speziell im Vergleich zu den anderen Gruppen in Aspern langsam gewachsen, weil sie größer als die anderen Gruppen war. Sie war lange Zeit nicht ganz vollzählig, weshalb das Projekt lange Zeit auf ziemlich wackeligen Beinen gestanden ist.“

Rückblickend waren es vor allem die Projektgröße, das ambitionierte Architekturkonzept und nicht zuletzt der Umstand, dass sich Interessierte – angesichts eines riesigen freien Baufelds – nicht vorstellen konnten, wie das neue Quartier in der Seestadt aussehen wird. Architekt Weinberger nickt: „Das architektonische Konzept hat es sicher schwierig gemacht, Leute zu finden. Etwa der Laubengang, ein drei Meter breiter Streifen, dessen äußerer Teil als Gang genutzt wird. Der innere Teil vor der Wohnung dient nicht nur als privater Balkon, sondern es gehen Leute vorbei, und da trifft man sich. Es ist gleichzeitig Balkon- und Kommunikationsfläche.“

Für Michael Bednar, den Sprecher des Vereins LiSA, war „am Anfang diese Offenheit, diese großen Glasfenster zum Gang hin ein Umstand, an den man sich erst gewöhnen musste. Nach dem Einzug waren alle, die sich dafür entschieden haben, sehr zufrieden und sind sehr begeistert. Vor allem über die Begegnungszone auf den Gängen. Aber die großen Glasflächen und die Einsehbarkeit der Wohnräume waren für manche Interessierte ausschlaggebend dafür, sich doch nicht um eine Mitgliedschaft zu bewerben.“ Heute schätzen die Bewohnerinnen und -Bewohner die Gemeinschaftsküche, die Terrasse, auf der im Sommer gegrillt wird und von der man Ausblick bis zum Schneeberg hat. Eine Werkstatt, aber auch eine Food Coop sind weitere gerne genutzte Angebote.

Konsens als Ziel

Für Architekt Weinberger hat die Zusammenarbeit mit LiSA eine Bereicherung gebracht: „Es ist schwierig. echte Neuerungen in den Wohnbau zu bringen. In Wien ist es sicherlich viel besser als in anderen Städten, weil es das Modell der Bauträgerwettbewerbe gibt, wo man sich als Architekt schon sehr stark einbringen kann. Aber mit der Baugruppe ist man da einen großen Schritt weiter, was die Qualität des Wohnens und die neue Konzeption des Wohnens betrifft.“

„Wir haben den Anspruch, dass wir so viel wie möglich selbst machen und in hierarchiefreien Prozessen unsere Angelegenheiten selber regeln, mit größtmöglicher Beteiligung aller Mitglieder“, betont Vereinssprecher Bednar. In den Vollversammlungen des Vereins werden grundsätzlich Konsensentscheidungen angesteuert. Genau auf diesen Prozess der Entscheidungsfindung nimmt Regina Gschwendtner Bezug. Die Entscheidungsfindung in der Gemeinschaft habe oberste Priorität, das liege in der Natur des Partizipationscharakters von Baugruppen. Daher werde besonders Entscheidungsdruck als Belastung empfunden: „Der Zeitpunkt der Generalunternehmerbeauftragung war für LiSA sehr schmerzvoll. Wir haben intensiv verhandelt, letztendlich einen guten Preis bekommen, aber wir konnten nicht alles realisieren, was wir realisieren wollten. Es gab ganz starke Einschnitte ins Projekt und ganz wenig Zeit, um das zu beschließen. Und da hat die Gruppe eine Stärke bewiesen und auch einen Realitätssinn, der war unglaublich.“

Architekt Weinberger sieht partizipatives Bauen zurzeit etwas unter Druck: „Im Moment ist es so am Markt: Wohnungen gehen weg wie die warmen Semmeln. Manche Bauträger sagen also, wir brauchen das eigentlich gar nicht. Und das wirkt sich ein bisschen auf das Thema Partizipation aus. Aber ich glaube, langfristig wird Partizipation gut ankommen.“

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