Dornröschen sucht Prinz

Noch einen Sommer lang ist die «Maison d'Homme» von Le Corbusier geöffnet. Dann wird sie saniert. 2019 soll sie wiederauferstehen. Die Stadt sucht eine neue Trägerschaft.

Thomas Ribi
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Ab 2019 soll die «Maison d'Homme» von Le Corbusier als festes Museum betrieben werden, und zwar von einer privaten Trägerschaft. (Bild: Adrian Bär / NZZ)

Ab 2019 soll die «Maison d'Homme» von Le Corbusier als festes Museum betrieben werden, und zwar von einer privaten Trägerschaft. (Bild: Adrian Bär / NZZ)

Sieht ein Happy End so aus? Vielleicht ja, wenn die Geschichte in Zürich spielt, sich über rund fünfzig Jahre hinzieht und der Protagonist keine Person, sondern ein Haus ist. Aber was heisst ein Haus? Ein Juwel, ein Bijou, eine Ikone der modernen Architektur. Le Corbusiers «Maison d'Homme» im Seefeld ist der einzige Bau des Schweizer Künstlers und Architekten in Zürich – ein «Architekturdenkmal der Extraklasse», wie die NZZ schrieb. Nur ist das vor allem unter Architekten und Kunsthistorikern bekannt. Die wenigsten Zürcherinnen und Zürcher wissen, dass sich zwischen Höschgasse, Bellerivestrasse und Seepromenade eines der zentralen Werke der modernen Architektur befindet.

Dornröschen schläft

Bis vor gut zwei Jahren war es allerdings auch nicht einfach, das Baudenkmal zu besichtigen. Denn geöffnet war es nur selten. Die Besitzerin des Hauses, die Galeristin und Innenarchitektin Heidi Weber, hatte es in den 1960er Jahren auf einer Parzelle errichten lassen, die sie von der Stadt Zürich im Baurecht übernommen hatte. Im Vertrag hatte sie sich verpflichtet, das Haus als Museum zu führen, Ausstellungen zu veranstalten und es der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Doch es blieb bei der Verpflichtung.

1998 stellte der Stadtrat fest, dass die Baurechtsnehmerin kaum Ausstellungen veranstalte und die Auflagen des Vertrags nicht erfülle. Geöffnet war die «Maison d'Homme» nur im Sommer, und das nur ein paar wenige Stunden pro Woche. Versuche der Stadt, den Vertrag vorzeitig aufzulösen, scheiterten allerdings. Heidi Weber verschloss sich der Aufforderung, das Haus zu beleben, nicht vollends, verlangte dafür aber Beiträge der öffentlichen Hand.

Jahrzehntelang schlief das Dornröschen vor sich hin. 2014 lief der Baurechtsvertrag aus. Das Haus fiel an die Stadt zurück und wird nun mit erweiterten Öffnungszeiten betrieben. Zudem finden regelmässig Sonderausstellungen statt, die im Sinn einer Übergangslösung von der Stadt kuratiert werden. Seit dieser Woche ist der Pavillon wieder geöffnet – mit einer Sonderausstellung über den Architekturtyp Pavillon, die bis Ende Juli zu sehen ist. Ausnahmsweise wird es dieses Jahr noch eine zweite Sonderausstellung geben. Doch dann ist vorderhand Schluss. Im Oktober schliesst die «Maison d'Homme» nicht nur für einen Winter, sondern für anderthalb Jahre.

Das Monument wird saniert

Erst im Frühling 2019 wird sie wiedereröffnet – dann aber vollständig saniert. Das Dornröschen zeigt nach fünfzig Jahren bauliche Schäden, die behoben werden müssen. Sehen wird man davon allerdings nicht viel, denn das Haus steht unter Denkmalschutz. Verändert werden darf nichts, und was ersetzt wird, muss so ersetzt werden, dass man möglichst wenig davon sieht. Die originale Bausubstanz soll erhalten werden, obwohl beispielsweise die Dichte der Gebäudehülle verbessert werden muss. Die Kosten für die Sanierung betragen 5,4 Millionen Franken.

Bis Anfang 2019 muss die Stadt auch eine neue Trägerschaft für das Museum finden. Ab dann soll das Haus von Privaten betrieben werden. In den nächsten Tagen soll laut Peter Haerle vom Präsidialdepartement der Stadt Zürich die Ausschreibung publiziert werden. Die Finanzierung für den Museumsbetrieb ist gesichert. Im Juli 2016 genehmigte der Gemeinderat dafür einen jährlichen Beitrag von 500 000 Franken.

Gesucht ist also ein Prinz, der das Dornröschen aus dem Tiefschlaf befreit, in dem es jahrzehntelang lag – und dem es vielleicht gelingt, durch die Präsenz der «Maison d'Homme» auch das unmittelbar daneben gelegene, idyllische, aber fast unbekannte Hermann-Haller-Atelier zu beleben. Immerhin, auf das Interesse des Publikums kann der Le-Corbusier-Pavillon zählen. Im ersten Jahr nach der Öffnung verzeichnete er von Juni bis Oktober rund 8000 Besucher, letztes Jahr knapp über 10 000. Auch künftig wird sich der Betrieb des Hauses allerdings auf die Sommermonate beschränken, aus denkmalpflegerischen und energetischen Gründen.